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Kultur: Vor dem Ruhestand

Claus Peymann bekommt Post von Gert Voss

Claus Peymann, der Intendant des Berliner Ensembles, ist für seine freimütigen Äußerungen berühmt und berüchtigt. Nichts ärgert Peymann (69) mehr, als von der Öffentlichkeit übersehen zu werden. So wird er sich herzlich über den offenen Brief freuen, den ihm der Wiener Burgtheaterschaupieler Gert Voss (65) am Wochenende hat zukommen lassen – als Antwort auf ein fünf Wochen zurückliegendes Interview, aber immerhin. Nicht nur Künstler reden – der berühmten Bismarck-Anekdote zufolge – stets über alles andere als Kunst, sondern vielmehr über Geld, sondern auch Theaterleute.

Voss, über Jahrzehnte hinweg Peymanns gefeierter Protagonist in Bochum und Wien, schreibt: „Sie haben kürzlich ein Interview in der ,Berliner Zeitung’ gegeben, das mir erst heute, 1. Juni, per Post zugeschickt wurde. Bezugnehmend darauf: Dass Sie ein mittelmäßiger Regisseur geworden sind, ist nicht Ihre Schuld, schließlich frisst der Intendantenjob die meisten auf, vor allem die Maulhelden. Dass Sie Lügen über mich in der ,Berliner Zeitung’ verbreiten, verzeihe ich Ihnen nicht – und das wird ein juristisches Nachspiel haben. Wie können Sie sich unterstehen, obwohl Sie die Fakten genau kennen, zu behaupten, ich hätte eine ,Mordspension am Burgtheater’, obwohl Sie wissen, dass ich keine Burgtheaterpension bekomme, auf Ihr Betreiben hin!, weil ich nach Berlin ans BE gegangen bin zu Peter Zadek im Jahr 1996. Sie aber beziehen eine Burgtheaterpension, eine deutsche Rente und eine Intendantengage von über 200 000 Euro, mit der Sie in einem Interview geprahlt haben, dass Sie der teuerste Intendant in Berlin sind. Ich habe eine deutsche Rente von 800 Euro und eine österreichische Rente von 1300 Euro und bin gezwungen, lebenslang zu arbeiten. Dieses schäbige Verhalten von Ihnen entspricht Ihrer schriftlichen Bitte an mich, freiwillig zu kündigen nach einem medizinischen Eingriff an meinem Herzen, weil eine Vorstellung ausfallen musste.“

Die Angaben über Gehälter und Pensionen zu überprüfen, ist uns mangels Einblick in die vom Persönlichkeitsrecht geschützten Verträge nicht möglich. Unbestritten ist jedoch, dass Peymann zu den besser bezahlten Theaterleitern Deutschlands zählt. Ebenso unbestritten ist, dass Gert Voss, der zur Zeit in Wien in einer Inszenierung von Luc Bondy „König Lear“ spielt, zu den Stars des deutschsprachigen Theaters gehört. Abgesehen von der Schadenfreude, die das Waschen schmutziger Wäsche beim Publikum stets erregt, haben sich Peymann und Voss hoffentlich auch künstlerisch noch etwas zu sagen. Ad multos annos! BS

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