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Kultur: Vorschau: Babel & Co

Den Berlinern sagt man nach, dass sie überhaupt keine richtigen Berliner sind, sondern Spandauer, die nie nach Neukölln, Neuköllner, die nie nach Wedding, Friedrichshainer, die nie nach Charlottenburg und Wilmersdorfer, die nie nach Pankow kommen. Lauter Kleinstädter also.

Den Berlinern sagt man nach, dass sie überhaupt keine richtigen Berliner sind, sondern Spandauer, die nie nach Neukölln, Neuköllner, die nie nach Wedding, Friedrichshainer, die nie nach Charlottenburg und Wilmersdorfer, die nie nach Pankow kommen. Lauter Kleinstädter also. Allerdings haben einige dieser "Kleinstädte" Hunderttausende von Einwohnern. Die Provinzstädte, aus denen Berlin zusammengeflickt ist, würden in anderen deutschen Gegenden als regionale Großstädte gelten.

Während Berlin also aus Städten besteht, bestehen Städte aus Vierteln. Frankfurt am Main zum Beispiel aus dem Westend - Sie wissen schon, der Fischer-Kiez - aus dem Ostend, aus Bockenheim und Sachsenhausen, und aus dem Nordend. Und da wollte ich eigentlich hin, um Eckhart Henscheid abzuholen, rein kolumnentechnisch, meine ich. Das Buch, mit dem Henscheid den ersten großen Erfolg hatte, der pseudodostojewske Roman "Die Vollidioten", versichert nämlich schon im Innendeckel: "Hier im Frankfurter Nordend hat sich fast alles abgespielt." Fragt sich nur, wie kriege ich Henscheid jetzt nach Berlin? Aber er ist doch schon da. Heute um 20 Uhr singt er im Literarischen Colloquium sein neues Opernbuch vor.

Wenn Sie es mehr mit Fernsehen haben als mit Oper, brauchen Sie trotzdem nicht zu Hause zu bleiben. Um 20 Uhr macht Thomas Glavinic Sie in der Literaturwerkstatt gern mit seinem "Kameramörder" bekannt. So heißt der dritte Roman des 1972 geborenen und in Wien lebenden Schriftstellers. Es fängt jahreszeitlich passend mit einem Osterausflug an und endet mit der Jagd auf einen videovoyeuristischen Mörder.

Sollten Sie zwar Bilder mögen, aber kein Fernsehen, sind Sie bei Alberto Manguel richtig. Am Mittwoch um 20 Uhr im Literaturhaus erklärt der in Buenos Aires geborene und heute in Kanada lebende Schriftsteller, der Ihnen vielleicht durch seine "Geschichte des Lesens" bekannt ist, wie sich "Bilder lesen" lassen, zum Beispiel mittelalterliche Ölgemälde oder Fotos von Tina Modotti. In zwölf Kapiteln bietet Manguel ein kompaktes Trainingsprogramm gegen die ästhetische Erblindung in unserer visuellen Stresskultur.

Das Link der Woche: Unter www.fallada.de finden Sie Hinweise auf die Aktivitäten der Fallada-Gesellschaft, eine Werkliste und eine "Lebenslinie". Und die hat es wirklich in sich. Fallada war ein irrsinniger Schufter, wenn man sich die Liste der großen Romane vor Augen hält, die in wenigen Jahren entstanden sind. Er war auch ein irrsinniger Trinker. Die erste Entziehungskur kam noch vor dem ersten Roman. Er war gerade mal in den Zwanzigern.

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