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Kultur: Vorschau: Schreibwaren

Der Schmerbauch der letzten Woche ist vergessen. In Ideallinie, metaphorisch gesprochen: mit einem 5 Millimeter tiefen Bauchnabel (siehe unten), geht es diesmal voran.

Der Schmerbauch der letzten Woche ist vergessen. In Ideallinie, metaphorisch gesprochen: mit einem 5 Millimeter tiefen Bauchnabel (siehe unten), geht es diesmal voran. So liebt der Kolumnist den Betrieb.

Sebastian Haffner lobte seinen Erstling "Alles andere als ein Held" 1959 als womöglich besten Roman eines lebenden deutschen Autors. Aber der Erfolg für die Geschichte eines Menschen, der in der HJ, der Wehrmacht und dem Wirtschaftswunder nie richtig Fuß fasst, blieb aus. Rudolf Lorenzen schlug sich schreibend und filmend durch. Seinen 80. Geburtstag feiert der Schöffling Verlag, der schon mit Martin Kessels Angestelltenroman "Herrn Brechers Fiasko" Spürsinn bewies, heute mit der Neuausgabe des Romans. Otto Sander liest daraus, ein Kurzfilm des Autors ist zu sehen ( Filmkunsthaus Babylon, 5.2., 20 Uhr).

In der Neuen Zürcher Zeitung hat Andreas Nentwich gerade eine Lanze für eine Literaturkritik gebrochen, der "die ästhetischen, politischen und existenziellen Zumutungen der Literatur noch nicht zum optionalen Weiterbildungsstoff herabgekommen sind". Ob ihm sechs Kritikerkollegen (darunter Helmut Böttiger vom Tagesspiegel) zustimmen können ( Literarisches Colloquium, 6.2., 20 Uhr)? Dafür spricht: Sie sind allesamt bekannt, jedoch nicht aus Film, Funk und Fernsehen.

Zu den theoretisch, oft auch praktisch begründeten Grundsätzen der Literaturkritik gehört die Überzeugung, mehr als der Autor zu wissen. Im Falle der gelehrten Poetin Ulrike Draesner dürfte das schwer fallen. In "Mitgift", ihrem zweiten Roman, zwingt die Liebe Zeit und Raum zusammen: Die hermaphroditische Schwester hat Aloe verstört, und ihr Geliebter, der Astronom Lukus, begeistert sich mehr für unbekannte Planeten ( Buchhändlerkeller, 7.2., 21 Uhr). "Sie bekommen, was sie wollen und wissen das." So erklärt Monika Maron in einem der zwei Berichte, die sie als junge Frau für die Stasi schrieb, die Lebensfreude der Westberliner. Spitzeldienste lehnte sie übrigens ab. Monika Maron hat - ein seltener Vorgang - die Berichte zusammen mit Aufsätzen der letzten Jahre in "Quer über die Gleise" vorgelegt ( Buchladen Bayrischer Platz, 8.2., 20 Uhr).

Erst die Arbeit, dann das Event. Die Kafka-Ausgabe liegt vor, nun organisieren zwei der Mitarbeiter in ganz Deutschland Lesungen an "angemessenen Orten": im Gefängnis, bei Hagenbeck, im Maggi-Kochstudio. Dazu zählt offenbar auch die Berliner Redaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, wo sich am 9.2. Klaus Wagenbach mit Hans-Gerd Koch über Kafkas Verlage unterhält (18 Uhr). Oder das ehemalige Preußische Kammergericht am Kleistpark, wo 1944 der Vorsitzende des Volksgerichtshofs, Roland Freisler, gegen die Verschwörer vom Juli 1944 geiferte, und danach die Alliierte Luftsicherheitsbehörde tagte. Dort lesen Katharina Thalbach und Fabian Krüger aus "Der Proceß" (10.2., 12 Uhr, 15 Euro; Karten jeweils bei Kiepert). Mit jenen Herren, die K. zum Steinbruch führen, würde sich John von Düffels Held unter keinen Umständen zeigen. Sie besitzen nämlich ein Doppelkinn. Ihn beunruhigt schon die Tiefe seines Bauchnabels: 5 Millimeter (Literarischer Salon Britta Gansebohm, Podewil, 11.2., 20 Uhr)! "Man soll den Fitness-Impuls nie unterdrücken." Sie entschuldigen.

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