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Schauspieler Joaquin Phoenix spielt den berühmten Gegenspieler von Comic-Held Batman.

© Warner

Waffengewalt im Kino: Hinterbliebene des Aurora-Amoklaufs appellieren zum Start von "Joker" an Filmstudio

Bei einem Amoklauf wurden 2012 in einem Kino während einer Batman-Vorführung zwölf Menschen erschossen. Hinterbliebene wenden sich nun an Warner Bros.

Von Andreas Busche

Aus großer Kraft folgt große Verantwortung. Jeder Comic-Fan kennt den Satz, den Autor Stan Lee seinem jugendlichen Superhelden Spider-Man einst mit auf den Weg gegeben hat. Eine Gruppe von Hinterbliebenen, die bei dem Amoklauf in Aurora, Colorado 2012 während der Premiere des Batman-Films „The Dark Knight Rises“ Familienmitglieder und Freunde verloren, zitiert die Worte nun in einem Schreiben an das Filmstudio Warner Bros. Die Filmgesellschaft bringt in zwei Wochen den Superheldenfilm „Joker“, die Entstehungsgeschichte des gleichnamigen Batman-Widersachers, in die Kinos.

Der Film von Todd Phillips, der bei den Filmfestspielen von Venedig Anfang September den Goldenen Löwen gewann, handelt von einem psychisch gestörten Einzelgänger, der sich zum Rächer der Entrechteten aufschwingt und eine Mordserie beginnt, die schnell Nachahmungstäter findet. Die Angehörigen der Opfer von Aurora sehen darin eine Ähnlichkeit zu dem Fall des sogenannten Batman-Mörders und fordern Warner-Chefin Ann Sarnoff auf, sich für stärkere Waffenkontrollen in den USA einzusetzen.

Unterschrieben war die Erklärung von Sandy und Lonnie Phillips, die beim Amoklauf ihre 24-jährige Tochter Jessica, verloren, Theresa Hoover, Mutter des 18-jährigen Alexander J. Boik, Heather Dearman, deren Cousine Ashley Moser ihr ungeborenes Baby und ihre 6-jährige Tochter verlor, sowie Tiina Coon, deren Sohn Zeuge des Massakers war. Insgesamt wurden damals zwölf Menschen getötet, 70 weitere wurden verletzt.

Wirtschaftliche Macht für härtere Waffengesetze

Die Hinterbliebenen stellen klar, dass es ihnen nicht darum geht, den Kinostart des Films zu verhindern. Sie wollen das Studio lediglich auf seine besondere gesellschaftliche Verantwortung hinweisen. In den vergangenen Monaten haben sich schon Unternehmen wie Walmart und CVS angesichts der Zunahme von Gewaltverbrechen durch großkalibrige Schusswaffen bereit erklärt, in ihren Filialen härtere Restriktionen zum Mitführen von Schusswaffen durchzusetzen.

In diesem politischen Klima fordern die Verfasserinnen des Schreibens auch von Warner deutliche Maßnahmen, etwa die Einstellung der finanziellen Unterstützung von Politikern, die sich gegen Waffenkontrollen aussprechen oder Wahlkampfhilfe von der National Rifle Association (NRA) in Anspruch nehmen. Zudem soll Warner - im Sinne einer modernen Unternehmenskultur - seine wirtschaftliche Macht im Kongress nutzen, um sich für härtere Waffengesetze stark zu machen.

Kunst müsse auch zu schwierigen Diskussionen anregen

Unterstützung bekommen sie von der Organisation „Guns Down America“. Es gehe nicht darum, einen Zusammenhang zwischen Gewaltdarstellungen in der Unterhaltungsindustrie und realer Gewalt herzustellen. „Das Thema ist nicht die Gewalt, die in Hollywoodfilmen zu sehen ist, sondern der Skandal, wie leicht es in den USA ist, Waffen zu erwerben.“ Im US-Kongress blockieren Republikaner seit Monaten einen Gesetzesentwurf, der den Kauf von großen Schusswaffen durch stärkere Kontrollen erschweren würde.

Warner Bros, die schon „The Dark Knight Rises“ produzierten, hatten damals eine Million Dollar an eine gemeinnützige Stiftung im Namen der Opfer gespendet. Auf die Forderung der Hinterbliebenen reagierte das Studio ebenfalls mit einer öffentlichen Erklärung: „Unser Unternehmen hat eine lange Tradition, sich für die Opfer von Gewaltverbrechen einzusetzen, inklusive der Opfer von Aurora. Unser Mutterkonzern ist mit anderen Unternehmen einer Initiative beigetreten, die den Gesetzgeber überparteilich darin bestärkt, gegen diese Gewaltepidemie vorzugehen.“ Warner betont gleichzeitig auch, dass es die Aufgabe von Kunst sei, „schwierige Diskussionen“ über komplexe Themen anzuregen.

Amerikanische Kinobetreiber sind für den US-Kinostart am 4. Oktober aber bereits sensibilisiert und erwägen größere Sicherheitsmaßnahmen, wie das Branchenblatt „Variety“ meldet.

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