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Kultur: Wagner unterm Hammer

Der Janowski-Ring erreicht den „Siegfried“.

„Leuchtende Liebe, lachender Tod!“ Mit einer Fortissimo-Breitseite ohnegleichen rauschen Stephen Gould und Violeta Urmana in den Partien Siegfrieds und Brünnhildes durchs Ziel ihres Liebesduetts. C-Dur, Happy End, das einzige im „Ring des Nibelungen“, bevor die Intrigentragödie ihren Lauf nimmt. Marek Janowski und sein RSB sind im Begriff, ihren konzertanten Wagnerzyklus zu vollenden. 2010 mit dem „Fliegenden Holländer“ begonnen, über die großen Werke des Bayreuther Kanons zur Tetralogie vorgedrungen, hat er Feuer, unerhörte Momente und Klangwunder erreicht.

„Siegfried“ macht im Berliner Wagnerjahr den Anfang. Dieser „zweite Tag“ des Bühnenfestspiels lebt in der Sphäre des Märchens, Waldweben, ein sprechender Drache, die Vogelstimme, die für den Menschen verstehbar wird, Schmiedeklänge als charakteristisches Band. Janowski weiß, dass rhythmische Kraft ein Pfeiler der „Siegfried“-Musik ist, und verteidigt sie mit Präzision. Sein Slogan scheint an diesem Abend mehr denn je zu heißen: „Das Wesentliche ist das Orchester“. Und die schönsten Stellen gelingen, wenn die Sänger schweigen. Aus den Naturstimmen klingt in den Geigen „selige Öde“, klingt Wotans Abschied, Brünnhildes Erinnerungswesen, von denen der junge Siegfried nichts weiß.

Eigenleben des Orchesters. Im duettierenden Verhältnis mit den Stimmen gerät der riesige Klangkörper auf dem Podium in Gefahr, aus vollem Rohr zu laut zu sein. Erstaunlich, wie Jochen Schmeckenbecher trotzdem ein dramatisches Rollenbild des Alberich zeichnet. Matti Salminen gurgelt mithilfe einer Flüstertüte Fafners Schlafbedürfnis. Verlässlich Sophie Klussmann als Waldvogel und Anna Larsson als Urmutter Erda in Karminrot.

Zuerst glaubt man, im falschen Stück zu sein, denn auf dem Podium sitzt ein beleibter Herr, wie er gut und gern einen Riesen verkörpern könnte. Die Oper beginnt aber mit dem listig lauernden Zwerg Mime, „klein und krumm“. Christian Elsner singt ihn mit eigener Vorstellungskraft, ohne sich stimmlich von Goulds Siegfried besonders abzuheben. So wetteifern zwei Heldentenöre, statt dass einer als Spieltenor die physisch komponierte Beweglichkeit vertritt. Gesellt sich Tomasz Konieczny als Wanderer dazu, Töne hervorstoßend wie Gould, so geht inhaltliche Spannung verloren. Da Violeta Urmana vor allem mit unerschütterlichen Spitzentönen neben der Rolle der Brünnhilde steht, gleicht der letzte Aktschluss dem ersten mit den Schmiedeliedern: viel Lärm. Den zweiten aber beendet beredt die Stimme des Orchesters, indem es ausmalt, wie Siegfried dem Vöglein folgt: mit der Ungeduld seines Herzens. Sybill Mahlke

„Götterdämmerung“ am 15. März in der Philharmonie

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