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Kultur: Wagners Wunschmaid

Die beste Brünnhilde der Welt: Birgit Nilsson wird 80VON MANUEL BRUGDas wahre Dreimäderlhaus, es stand nicht im Schubert-Wien, sondern im Wagner-Bayreuth - zumindest in den späten fünfziger und frühen sechziger Jahren.Sangen doch dort gemeinsam drei schwere Mädchen (dem Fach nach!

Die beste Brünnhilde der Welt: Birgit Nilsson wird 80VON MANUEL BRUGDas wahre Dreimäderlhaus, es stand nicht im Schubert-Wien, sondern im Wagner-Bayreuth - zumindest in den späten fünfziger und frühen sechziger Jahren.Sangen doch dort gemeinsam drei schwere Mädchen (dem Fach nach!), die heute längst Brünnhilden-Legende sind: die Nürnberger Sekretärin Martha Mödl, die unpathetisch Hochdramatische, die der größten Hoheit und Heroengestimmheit noch Momente des Menschlichen abgewann; Astrid Varnay, das schwedisch-ungarisch-amerikanische Theaterkind, temperamentvoll und vor allem darstellerisch überwältigend; und eben Birgit Nilsson, die schwedische Bauerstochter, die mit der größten, hellsten, silbernsten Stimme der Welt.Wotans Trompete schien zu tönen, wenn diese Wunschmaid ihre "Hojotoho"-Rufe erschallen ließ.Die Mödl ist inzwischen 86 und steht immer noch auf der Bühne, auch Astrid Varnay, vor zwei Wochen 80 geworden, ist noch aktiv, aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr auf der Szene, aber unterrichtend.Birgit Nilsson, die heute diesen runden Geburtstag feiert, ist auf ihre Weise im Unruhestand.1982 trat sie in Frankfurt als Elektra sich in den Tod tanzend furios von der Bühne ab; sich mit kleineren Rollen und Charakterpartien zu bescheiden, das war ihre Sache nicht.Stattdessen ist die hochaufgerichtete statuarische Dame in Jurys und bei Jubiläen ein vielgeliebter Gast.Auch weil sie, die Berliner konnten sich davon letztes Jahr in der fast ausverkauften Deutschen Oper anläßlich der Vorstellung ihrer wunderbar witzigen Memoiren überzeugen, eine herrliche Entertainerin ist: sympathisch, bodenständig.Eben eine der erfreulichsten Erscheinungen im dauerhysterischen Zirkus Opera.Dabei konnte "La Nilsson" auch ziemlich biestig werden, wenn ihr, wie an der alten Met, ein unwilliges Roß Grane wieder einmal die Schau stahl: "Das Pferd oder ich", tobte sie, was zu Ungunsten des Gauls ausging.Geboren wurde Birgit Nilsson am 17.Mai 1918 auf einem Bauernhof in Mittelschweden.Über den Kirchenchor und die Königliche Musikakademie sang sie sich an die Schwedische Hofoper empor, wo sie 1946 unter Leo Blech als Agathe im "Freischütz" debütierte.Der holte sie auch 1951 nach Berlin.Schnell weltweit gefragt, sang sie Mozart und Verdi, Puccini, Strauss, vor allem aber immer wieder Wagner.Die Stimme der Nilsson ist groß, ach was, riesig; vielleicht ein wenig kalt, auch von einer gewissen Schwerfälligkeit; dabei von einer überwältigenden Durchschlags- und Strahlkraft - was nur live wirklich zu erleben war und sich bis ins hohe Alter, etwa in ihrer Interpretation als Färbersfrau, die sie 1975 als letzte neue Rolle in ihr Repertoire aufnahm, gehalten hat.Und doch, wenn auch die Platte dem Phänomen Nilsson nicht ganz gerecht werden konnte, viele ihrer Aufnahmen sind ewige Klassiker im Regal: die überwältigenden Brünnhilden unter Solti, mit dem sie auch die großartigste Elektra und die großmächtigste Salome im Studio festhielt, ihre gleißenden "Turandot"-Duelle um das beste hohe C mit Franco Corelli, ihre traumschöne Isolde unter Karl Böhm vor allen anderen.

MANUEL BRUG

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