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Kultur: Waldkauz

Anrührend schön: Michael Hurley im Berliner Knaak Club

Michael Hurley gehört zu den letzten Überbleibseln einer lockeren Verbindung, die uns aus einschlägiger Literatur als Beatniks bekannt sind. Er ist ein Retter des Sehnsüchtigen in der Musik, der bei seinem ersten öffentlichen Auftritt in der Carnegie Hall mit Muddy Waters und Johnny Cash auf der Bühne gestanden hat und es anschließend vorzog, als Gelegenheitsarbeiter durch die USA zu trampen.

„Seine Biografie hört sich an, wie der beste Roman, den Jack Kerouac nie geschrieben hat“, erklärte der „Spiegel“. Hymnische Besprechungen in den Feuilletons und Musikzeitschriften haben aber in den letzten Jahren auch nichts daran geändert, dass Hurley einer für wenige geblieben ist. Mit „Sweetkorn“ (Trikont) hat der 61-Jährige gerade sein zwölftes Album seit 1964 vorgelegt, das wie alle Vorgänger von wunderschönen Melodien lebt, durch die die Reste amerikanischer Urigkeit sickern.

Für seinen Auftritt im Knaak hat er sich seinen alten Spezi Dave Reisch am Bass mitgebracht, der ihn souverän begleitet, während Hurley selbst als renovierter Groucho Marx daherkommt, der mit Zen-buddhistischer Gelassenheit seine skurrilen Songs vorträgt, übers Teekochen, Marihuana-Anbauen oder die Schönheit des Nichtstuns.

Getragen von einem beinahe kindlichen Charme, der in ergreifende Stimmungsbilder umschlägt, verbindet er Schwermut und Trauer mit der Lust am lockeren Leben, schrammelt die Gitarre und singt dazu mit seiner unvergleichlichen Heulstimme, die weder vor Tex-Ritters „High Noon“ zurücksteckt noch vor Trompetenimitationen oder dem Lockruf von „Woody Woodpecker". Fast drei Stunden dauert der kauzige Liederabend. Doch für den letzten der Hobos verpasst man selbst gern die letzte U-Bahn. Am liebsten würde man ihn ohnehin nach Hause mitnehmen. Volker Lüke

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