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Kultur: Warum steht in Spanien kein Name an der Klingel ?

Da ist man Gast in einem fremden Land, einer unbekannten Stadt, und trotzdem pünktlich. Stolz steht man vor dem Haus, in dem man verabredet ist – und plötzlich droht der Besuch an einer banalen Kleinigkeit zu scheitern: an der Klingel.

Da ist man Gast in einem fremden Land, einer unbekannten Stadt, und trotzdem pünktlich. Stolz steht man vor dem Haus, in dem man verabredet ist – und plötzlich droht der Besuch an einer banalen Kleinigkeit zu scheitern: an der Klingel. Nicht, weil es keine gibt. Es gibt sie. Nur leider ohne Namen. So ist das in Spanien.

Stattdessen finden sich diffuse Buchstaben-Zahlenkombinationen wie 7°Izda oder 5° Dcha, die Nichteingeweihten wenig helfen. Warum das so ist, scheinen die Spanier nicht (mehr) genau zu wissen. An möglichen Erklärungsansätzen mangelt es dennoch nicht. „Wir vermuten, dass es mit dem Concierge zusammenhängt“, fasst Nina Ramos das Ergebnis einer nicht repräsentativen Umfrage unter den Mitarbeitern der spanischen Botschaft in Berlin zusammen. Der Concierge – spanisch Portero – saß einst tagein, tagaus im Foyer der Häuser und wachte über die Ein- und Ausgehenden. Bei ihm konnten, vielmehr mussten Besucher nachfragen, wer welches Appartement bewohnt. Der Portero wies den Weg zur richtigen Tür. Oder auch nicht. Ein guter Concierge wusste, welche Gäste willkommen waren und wem er besser wieder den Weg nach draußen zeigen musste. Es könnte, meint Botschaftsmitarbeiterin Ramos, aber auch mit dem Wunsch nach Privatsphäre zusammenhängen. Nur 16 Prozent der Spanier wohnen zur Miete. Die meisten sind Eigentümer ihrer vier Wände. „Zwar gehört Bescheidenheit nicht zur auffälligsten Charaktereigenschaft der Spanier, dennoch wollten sie ihren Besitz vielleicht nicht so nach außen zeigen.“

Maria Fernandez vom Spanischen Institut bringt noch eine andere Erklärung ins Spiel. „Angenommen, Sie wollen Herrn Fernandez besuchen. Dann leben in so einem Wohnblock 20 Herren mit diesem Namen.“ Auch der Vorname – etwa Manuel – helfe da nur bedingt weiter. „So heißen dann immer noch fünf Bewohner.“ Wozu also Namensschilder? Die langen Namen würden ohnehin nicht auf das kleine Stück Papier passen, meint Helga Schneider vom Berliner Instituto Cervantes. Alle Spanier haben zwei Nachnamen, die sich aus dem ersten Nachnamen des Vaters und dem ersten der Mutter zusammensetzen. Deswegen steht auf spanischen Klingelschildern 7°Izda oder 5°Dcha, was nichts anderes bedeutet als 7. Etage linkes Appartment und 5. Etage rechtes Appartment. So kommt man auch ans Ziel.

Christiane Fenske

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