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Was machen wir heute?: An Gott glauben

Ich kann nicht sagen, dass wir eine übermäßig fromme Familie sind. Wir beten nicht regelmäßig.

Ich kann nicht sagen, dass wir eine übermäßig fromme Familie sind. Wir beten nicht regelmäßig. Wir gehen eher selten zur Kirche. Das heißt aber nicht, dass Religion bei uns zu Hause keine Rolle spielt. Im Gegenteil.

Religion ist das absolute Lieblingsfach meiner Tochter. Dabei versucht sie einen intellektuell anspruchsvollen Spagat. Sie erklärt die Welt mit einer Kombination aus Evolutionstheorie und Gottesglauben. Das funktioniert etwa so: Am Anfang war Gott. Dann explodierte die Sonne, ein Sonnenteil flog durchs All und wurde zur Erde. Auf der Erde nahm dann die Evolution ihren Lauf. Allerdings unter der Oberkontrolle von Gott.

Nun beginnt der Gottesglaube zu wanken. Das liegt an der Mückenplage und daran, dass unsere Tochter zu den Lieblingsopfern der Blutsauger gehört. Zielsicher stürzen sich die blutrünstigen Weibchen auf Linda und zapfen ihr das Blut für ihren eigenen Nachwuchs ab. Mit ihrer Transfusion ermöglicht unsere geplagte Kleine, dass Tausende von Nachwuchsvampiren aufwachsen, die sich dann im nächsten Sommer auf sie stürzen werden.

Unter Anerkennung der Darwinistischen Evolutionstheorie lässt sich der Siegeszug der Mücke leicht erklären. Versucht man hingegen, in der Mücke Gottes Werk zu erkennen, wird die Sache schon schwieriger. Man mag an Hiob denken, dessen Glaube von Gott bewusst auf eine harte Probe gestellt worden ist. Dialektisch geschulte Pfarrer reden sich gern damit heraus, dass Gott den Menschen die Freiheit geschenkt hat und dass man auch mit der Mücke leben muss.

„Blödes Gequatsche", sagt Linda. „Die Sache ist doch klar. Als Gott die Mücke gemacht hat, war er einfach schlecht gelaunt." An diesem Tag, so glaube ich, war Gott leider sehr kreativ: Er hat das Finanzamt gemacht, die Sommergrippe, den Atomstrom, die Zahnspange - und das Ferienende. Heike Jahberg

Über Insekten kann man sich im Privaten Museum für Tierkunde, Hranitzkystraße 3 in Berlin-Marienfelde informieren. Das Museum ist montags bis freitags von 10 bis 16 Uhr geöffnet, der Eintritt ist frei, Tel.: 7227733.

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