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Was machen wir heute?: Den Winter genießen

Wie eine Rentnerin die Stadt erleben kann

Ach ja, der Klimawandel! Darüber können wir uns später gerne wieder die Köpfe heiß reden, nur bitte jetzt nicht. Jetzt ist man froh, ausnahmsweise nicht an üble Folgen des Klimawandels denken zu müssen. Klirrende Kälte, blauer Himmel, Sonnenschein: So schön kann der Winter sein, beinahe hätten wir es vergessen.

Gut, dass frischer Flockenwirbel den schwarzen Schnee in der Stadt wieder ein bisschen weißt. Draußen glänzt die weiße Pracht wunderbar wie im Bilderbuch. Es hat lange gedauert, bis der Schlachtensee zugefroren ist. Dieser Tage konnte man es endlich wagen, über das Eis von einem Ende zum anderen zu laufen. Märchenhaft, wie das Eis unter den Füßen dröhnt. Das ist immer ein eigenartiges Gefühl, selten genug erlebt man es ja.

Ein harter Winter? Ach was, eigentlich ist es ein ganz normaler Winter, wir sind so etwas nur nicht mehr gewohnt. Den Vögeln scheint er auch prima zu bekommen. Unsere fünf, sechs Kohlmeisen zwischen Garten und Waldrand flattern munter hin und her, immer im Verbund, eifrig picken sie im Schnee nach Futter.

Wirklich hart waren ganz andere Winter. Zum Beispiel 1928/29, unsereiner weiß es nur vom Hörensagen. Oder 1946/47: Die Rentnerin erinnert sich genau, wie sie damals als Kind gefroren hat, wie sie über das Eis staunte, das an einer Wand der Stube glitzerte. Es gab zu wenig zu heizen und zu beißen, im Garten wurden sechs Edeltannen gefällt und in den Ofen gesteckt, es half nicht viel. Oder die Schneemassen 1978/79, da kam die Stadtreinigung mit dem Räumen nicht nach. Da schippte die Opposition und heizte dem Regierenden Bürgermeister Dietrich Stobbe tüchtig ein. Blut und Wasser sollte er schwitzen, denn es war Wahlkampf, und so ein Regierender Bürgermeister ist schließlich für alles verantwortlich, selbst für die Launen der Natur.

Wo wachsen heutzutage noch Eisblumen an den Fenstern schlecht beheizter Räume? Überall ist es warm und trocken. Nein, das bisschen sibirische Kälte macht nichts. Wer weiß, wann uns wieder ein richtiger Winter beschieden sein wird. Brigitte Grunert

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