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Was machen wir heute?: Durch die Zeiten fahren

Nein, Berlin wird nie in perfekter Schönheit erstarren, da seien die Baustellen vor. Unter den Linden zum Beispiel ist alles eingerüstet, vom Pariser Platz bis zur St.

Nein, Berlin wird nie in perfekter Schönheit erstarren, da seien die Baustellen vor. Unter den Linden zum Beispiel ist alles eingerüstet, vom Pariser Platz bis zur St.-Hedwigs-Kathedrale lauter Baugerüste. Anderseits: Der Palast der Republik scheint zur ewigen Ruine zu erstarren. An der Attrappe der Bauakademie prangt unübersehbar ein hoffnungsvolles Werbeplakat: „Vattenfall unterstützt den Wiederaufbau der Bauakademie von Schinkel.“ An der U-Bahn-Baustelle wirbt die BVG: „Es lebe Berlin.“

Ach, es lebe der Hunderter, denkt die Rentnerin im Vorbeifahren. Wunderbar ist dieser Doppeldecker der BVG, vorausgesetzt, man erwischt nicht gerade einen Bus, dessen Fenster mit Reklame beklebt sind. Die begehrtesten Plätze sind natürlich die vier oben ganz vorn, aber die ergattert man nur mit Glück.

Die aufregendste S-Bahn-Strecke ist ja die zwischen Zoo und Alex. Unsereiner freut sich immer noch über die strahlende neue Mitte, wo früher triste Öde war. Die Linden entlang, am Reichstag und am Kanzleramt vorbei, der Hauptbahnhof ist scheinbar zum Greifen nahe. Kaum hat man die weitläufige Moderne des Regierungsviertels hinter sich, taucht schon das Schloss Bellevue auf. Ruhe strahlt es aus und Ebenmaß, Verbindung zur kleinteiligen City West, die sich so wenig verändert hat, passt prima zum Amt des Bundespräsidenten. Man sieht das alles sehr schön dort oben im Hunderter.

Touristen wissen auch, was sie am Hunderter haben. Unaufhörlich sind die Digitalkameras in Betrieb. Man hört sämtliche Dialekte und alle möglichen Sprachen. Ein Rheinländer fragt, ob er sich richtig entsinne, dass der Hunderter früher ein Stück den Ku’damm entlangfuhr. Der Hunderter sei „relativ neu“, entgegnet ein älterer Berliner an der Frage vorbei. Nein, sagt der Rheinländer, er sei doch schon vor mindestens zehn Jahren... Eine Berlinerin stellt resolut klar: „Also wissen Sie, nach unserer Zeitrechnung ist hier ganz einfach alles neu, was nach der Wende kam und alles alt, was vor der Wende war!““ Der Rheinländer lacht und ein Schwede nickt bedächtig: „Jaha, so ist das wohl.“ Brigitte Grunert

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