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Was machen wir heute?: Für Frida leiden

Soll ich nun dankbar sein, dass sie uns Frida Kahlo nach Berlin geholt haben, oder darf man auch mal fragen, ob jene Kunstgötter, die solche Ausstellungen organisieren, schon mal etwas von Service und Kundenfreundlichkeit gehört haben? Wir kommen früh um halb Neun zum Gropius-Bau, der Schlangenschwanz endet kurz vor der Stresemannstraße.

Soll ich nun dankbar sein, dass sie uns Frida Kahlo nach Berlin geholt haben, oder darf man auch mal fragen, ob jene Kunstgötter, die solche Ausstellungen organisieren, schon mal etwas von Service und Kundenfreundlichkeit gehört haben?

Wir kommen früh um halb Neun zum Gropius-Bau, der Schlangenschwanz endet kurz vor der Stresemannstraße. Vor uns zwei Dänen, hinter uns ein Paar aus Russland. Die bleiben erstaunlich still, wahrscheinlich überkommt sie die Erinnerung an die Warteschlange vor der Ermitage. Dort marschierten immer ganze Busladungen mit Freundschaftsdelegationen oder sonstige volksdemokratische VIPs an den werktätigen Normalos vorbei. So ähnlich ist das hier auch. Dich überkommt das Gefühl des Schützen Arsch im letzten Glied, wer arm ist, muss eben länger warten, „ab hier noch etwa vier Stunden“, verheißt ein Schild. An Unterhaltung fehlt es nicht: Kleingewerbe flankiert die Wartegemeinschaft, die Brezeln kommen und gehen, aber die Schlange bleibt. Auch der Akkordeonspieler.

Nach drei Stunden stehen wir an der Rampe zum Eingang, einzelne Menschen machen sich empört vom Acker, als sie hören, dass es von hier noch zwei Stunden dauert. Keine Bank, nirgends. Ältere Mitleidende sitzen auf dem Steinfußboden, das Aufstehen fällt schwer. Wir denken an die MoMA-Ausstellung mit dem Luxus, per SMS eine ungefähre Einlasszeit zu signalisieren. Hier: nichts. Vielleicht haben die Organisatoren das Interesse der Kunst-Öffentlichkeit unterschätzt. Jedenfalls ist das Ende der Schau am 9. August unabwendbar. Wien wartet. Ob sie da auch so Frida-verrückt sind?

Nach fünf Stunden, inzwischen sind wir im Treppenhaus mitten in der nächsten Schlange, ruft eine Berlinerin: „Wer hier anjekomm is, der kann mitreden.“ Hurra! Da seh ich meine Mexikanerin, wie sie mir zublinkert als Dank für mutige Standfestigkeit. Wir sind fix und fertig, aber froh. Und stolz. Mensch, Frida! Lothar heinke

Frida Kahlo noch bis 9. August von 9 bis 22 Uhr im Martin-Gropius-Bau.

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