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Was machen wir heute?: Hochstapeln

Wie ein Westberliner die Stadt erleben kann.

Vorm Erotikmuseum ist der beste Ort, den Tower wachsen zu sehen. Drei Kräne helfen unermüdlich, ihn in die Höhe zu ziehen, bis sich das Hotel Waldorf Astoria Berlin einrichten kann.

Waldorf Astoria! – der Name ist noch viel zu großspurig für die Ecke. Der Sockel mit drei Stockwerken ragt aus dem Boden. Schon sieht alles drumrum ganz anders aus, enger, städtischer. Die jahrzehntelange Brache an der Kant- und Joachimstaler Straße hat sich tief in mein West-Berliner Gemüt gefressen. Was jetzt steht, denke ich, scheint für hiesige Verhältnisse fast hoch genug. Aber 27 Etagen sollen noch folgen.

Ich blicke in den freien, blassen Himmel und türme in Gedanken Stockwerk auf Stockwerk, und beim Hochstapeln sieht meine Fantasie zunehmend schwarz. Ich schaue auf das Bauschild mit dem abgebildeten kantigen Tower und versuche tapfer, ihn mir schön zu färben. Mit Lego-Steinen habe ich als Kind ein kleines Hochhaus zu formen versucht, es sah irgendwie ähnlich aus. Der Architekt, tröste ich mich, wird sich schon Tolles gedacht haben, ist der Neubau erst fertig, wird er der West-City den nötigen Schwung versetzen, auf den ich als stiller Lokalpatriot so sehnlichst warte.

Ich will mich nicht länger vor Fremden für die Gegend schämen, ich will mich einfach mal gern und länger hier aufhalten. Nach ein paar Schritten über den Breitscheidplatz suche ich nach einer Zuflucht, um die aufkommende Unlust zu verscheuchen. Das Europa-Center ist keine schlechte Adresse. Ich wähle leider das falsche Restaurant, es war mehr Schein als Sein. Die paar Touristen an den Nebentischen essen klaglos. Aus einem Fenster heraus sehe ich den Fernsehturm. Es scheint, als winke er mir zu. Christian van Lessen

Das Forum City West im Amerika-Haus, Hardenbergstraße 22-24, informiert über die hochfliegende Stadtplanung. Ab März ist die Ausstellung voraussichtlich wieder regelmäßig geöffnet.

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