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Was machen wir heute?: In den wilden Osten reisen

Eigentlich bin ich kein sehr spontaner Mensch. Ich plane meine Tage, ich vergesse selten Termine, ich gelte als sehr zuverlässig.

Eigentlich bin ich kein sehr spontaner Mensch. Ich plane meine Tage, ich vergesse selten Termine, ich gelte als sehr zuverlässig. Bei Ausflügen und auf Reisen hingegen verwandele ich mich in einen Sponti. Ermüdet von dem alltäglichen Organisieren lasse ich die Dinge gern auf mich zukommen.

Neulich wollten wir einen Ausflug machen. Wohin? Das sollte das Schicksal entscheiden. Tom besitzt ein Quartett mit U-Bahnhöfen, und jeder zog eine Karte. Das Ziel: Alle Bahnhöfe anfahren, aussteigen, die Gegend anschauen, weiterfahren. In der ersten Runde zogen wir Dahlem-Dorf, Heidelberger Platz und Richard-Wagner- Platz. Von unserem Heimatbahnhof, Oskar- Helene-Heim, aus eine leichte Übung. Zu leicht, fanden die Kinder. Also wurden die Karten neu gemischt. Die nächste Runde brachte die U-Bahnhöfe Oranienburger Tor, Alex und Louis-Lewin Straße.

Der Bahnhof Louis-Lewin-Straße liegt auf der U-Bahnlinie 5, eine Station vor Hönow und damit am östlichen Rand der Stadt. Für uns Zehlendorfer ist das ein unbekanntes Land. Im Dienste der Heimatkunde haben wir einen Teil der Strecke oberirdisch mit der Tram zurückgelegt. Von der Oranienburger Straße aus sind wir via Alex zum U-Bahnhof Hellersdorf gefahren. Bis Friedrichshain kannten wir uns aus, dahinter begann für uns die neue Welt. Marzahn, Hellersdorf – ein Plattenbau neben dem anderen.

Uns wurde ein wenig beklommen, und wir begannen, uns nach dem gutbürgerlichen Zehlendorf zurückzusehnen. Zu allem Unglück stiegen vier junge Russen zu, mit Baggy Trousers, Wodka und lauten Handys. Die Kinder krochen tiefer in die Sitze und befürchteten Ärger, ich begann unseren Ausflug zu verfluchen. Dann betrat ein älterer Herr den Wagen und suchte in der übervollen Tram nach einem freien Sitz. Einer der jungen Russen stand auf und machte ihm Platz, ohne darüber ein Wort zu verlieren. Wir atmeten auf. Hellersdorf kann so schön sein. Heike Jahberg

Ein guter Reiseplaner: Quartett Berliner U-Bahnhöfe, 6,95 Euro, im Buchhandel, BVG- Shops und unter www.bvg.de

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