zum Hauptinhalt

Was machen wir heute?: Kinder überreden

Na, gut“, maulen die Töchter. „Aber höchstens eine Stunde.

Na, gut“, maulen die Töchter. „Aber höchstens eine Stunde.“ So fängt es immer an, wenn es um einen Ausstellungsbesuch geht. Ist es die Rache für frühkindliche Entmündigung, das Echo der schwarzen Pädagogik, als die Eltern die beiden Mädchen einfach im Buggy mit in die Museen nahmen? Der Kampf gegen den Museumsbesuch gehört offenbar zu den Konstanten der abendländischen Erziehungsgeschichte. Dabei wollen die Eltern die Töchter nicht mit Kulturgütern vollstopfen, sondern nur als Familie etwas gemeinsam machen. Dann beginnt das Feilschen um die gerade noch erträgliche Schnittmenge der Interessen. Die hochgelobte Babylon-Ausstellung im Pergamon-Museum hat da keine Chance. Alte Steine, nein, danke. „Da kannst du mal allein hingehen“, befinden die Kinder. Und die Mutter auch.

Es kommt auf Fingerspitzengefühl und das Geschick eines Gebrauchtwagenhändlers an, den Kindern etwas schmackhaft zu machen. Es gilt, probate Regeln zu beachten. Erstens: Viel Erfolg bringt die Anmerkung, es handele sich nur um eine ganz, ganz kleine Ausstellung. Zweitens: Erfolgversprechend ist der Hinweis, das schöne Gebäude sei allein schon ein Erlebnis. Drittens: Immer zieht der Vorschlag, nach der klitzekleinen Ausstellung noch auf den tollen Flohmarkt etc. zu gehen. Viertens: Sind die Kinder erst einmal drin, wird es immer länger.

„Da geht es auch um Eisbären“, als Köder für die Fotoausstellung von Hiroshi Sugimoto in der Neuen Nationalgalerie auszulegen, weil das Ausstellungsplakat einen solchen über toter Robbe zeigt, geht definitiv nicht. Viel zu plump. War auch unnötig. Sugimotos Serie über die Frauen von Heinrich dem VIII., aufgenommen in Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett und das magisch blendende Weiß, das ein komplett abgespielter Film in der Langzeitbelichtung auf den Leinwänden verschiedenster amerikanischer Filmpaläste hinterließ, haben Franca und Lara fasziniert. Weit mehr als der Eisbär. Gerd Nowakowski

Hiroshi Sugimoto, Neue Nationalgalerie, Potsdamer Straße 50, bis 5. Oktober, täglich außer Montag

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false