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Was machen wir heute?: Schneller altern

Es ist 13 Jahre her, da unterhielten sich die Sekretärinnen des Büros, in dem ich damals arbeitete, über die Jugend von heute, die sich nicht mehr zu benehmen wisse. Da ich das eine unzulässige Verallgemeinerung fand, wollte ich einen Einwand formulieren, doch als ich nur den Mund aufmachte, sagte eine von ihnen barsch: „Was denn!

Es ist 13 Jahre her, da unterhielten sich die Sekretärinnen des Büros, in dem ich damals arbeitete, über die Jugend von heute, die sich nicht mehr zu benehmen wisse. Da ich das eine unzulässige Verallgemeinerung fand, wollte ich einen Einwand formulieren, doch als ich nur den Mund aufmachte, sagte eine von ihnen barsch: „Was denn! Sie sind doch gar nicht gemeint.“ Das war ein Schlag. Nicht mehr zur Jugend zu gehören, war das Ende. Nach Jugend kamen für mich: Falten, Rente, Heim.

Erst Jahre später hatte ich mich vom Verdikt der garstigen Damen erholt und war zum Gegenschlag imstande. Würden die mir heute so dogmatisch kommen, würde ich diskursiv antworten: Gibt es nicht viele Arten von Jugend? Was ist das überhaupt, Jugend? Eine Datums- oder eine Haltungsfrage? Und auch wenn jene Damen mir längst nicht mehr zuhören, soll diese Frage zum heutigen Internationalen Tag der Jugend mal gestellt sein.

Also: Laut deutschem Gesetz ist jugendlich, wer zwischen 14 und 18 Jahre alt ist. Die Medizin definiert Jugend als Phase zwischen Pubertät und biologischer Reifung. Die Soziologie als diejenige zwischen Kindheit und Erwachsensein. Die Shell-Jugendstudie befragt 15- bis 25-Jährige. Und der Weltjugendtag lädt alle ein, die bis 30 Jahre alt sind. Und dann wäre da noch die gefühlte Jugend: Neulich eröffnete mir eine Bekannte, die stets frisch und elastisch daher kommt, dass sie bereits 53 Jahre alt sei. Und mitten in meine finsteren Überlegungen darüber, dass 53 echt alt sei, rief sie strahlend, das sei das beste Alter jetzt. Ab 50 sei alles unbeschwert und leicht. Dann sattelte sie das Pferd, das sie sich jüngst gekauft hatte, und galoppierte in den Grunewald hinaus. Ich sah ihr neidisch hinterher. Als nächstes sprach ich mit einer deprimierten 17-Jährigen, die keine Lehrstelle gefunden hat. Das ist nur die erste von vielen Enttäuschungen, die noch kommen, sagte ich ihr zum Trost. Und dachte: Jetzt bloß schnell 50 werden. Ariane Bemmer

Übers Altern gibt es eine Ausstellung in der NGBK, Oranienstraße 25, Kreuzberg: „Ein Leben lang“, täglich 12 bis 18.30 Uhr

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