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Was machen wir heute?: Trends verfolgen

Wie eine West-Berlinerin die Stadt erleben kann

Über welche Meldung haben Sie sich letzte Woche am meisten geärgert?, lautet eine beliebte Journalistenfrage. Auch wenn mich niemand gefragt hat, antworte ich gerne: morgens im Radio zu hören, die Übernahme von Porsche durch VW habe ihr „erstes Opfer“ gefunden und dann in einer Schlagzeile vom „tiefen Fall des Wendelin Wiedeking“ zu lesen. Hallo??!, würde jeder 14-Jährige sagen, der Mann kriegt 50 Millionen, und übernächste Woche hat er schon wieder einen neuen Job.Und dass er eine Träne im Augenwinkel hatte, kann mich auch nicht beeindrucken, wenn’s ums Heulen geht, bin ich Weltmeister.

So, das musste ich einmal los werden.

Weiter zu einem anderen journalistischen Thema: dem Trend. Wir suchen ihn und wir fürchten ihn, natürlich wollen wir die ersten sein, die ihn entdeckt haben, aber das Wort nehmen wir nicht gern in den Mund, wir mögen ja weder Zeitgeist- noch Provinzblatt sein. Ich verrate Ihnen trotzdem einen: Bücher über das Leben mit wildem Tier sind der letzte Schrei. Mark Rowlands zum Beispiel. Elf Jahre lang hat der Philosophieprofessor mit seinem Wolf zusammengelebt, hat ihn mit auf Vorlesungen und Partys genommen (weil Brenin allein zu Haus Unsinn gemacht hätte). Nach dessen Tod hat er ein Buch verfasst, in dem er, wie in vielen Interviews, verkündete, dass er von dem wilden Tier mehr über die menschliche Existenz, über Liebe, Freundschaft und Glück gelernt hätte als von jedem Menschen. Mich hätte das ins Grübeln gebracht: ob ich vielleicht die falschen Freunde habe. Nicht so Rowlands. Inzwischen hat er einen Sohn, den er nach seinem Wolf benannt hat. So hat jeder sein Päckchen zu tragen.

Jetzt hat Stacey O’Brien ein Buch über ihr Leben mit Schleiereule geschrieben. 20 Jahre hat die Autorin mit dem nachtaktiven Tier zusammengewohnt und festgestellt, wie treu und liebenswert eine Eule ist. Mmh. Das Buch erscheint am 31. August. Dem Tag, an dem die 100-Watt-Birne erlöscht. Das ist der einzige Trend, den ich persönlich verfolge: Glühbirnenhorten. Susanne Kippenberger

Noch gibt es Glühbirnen in jeder Drogerie.

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