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Was machen wir heute?: Unverständliches verstehen

Wie ein Ost-Berliner die Stadt erleben kann.

Das Jubiläumsjahr des Mauerfalls wird wieder etliche befremdliche Filme ins Fernsehen bringen, die sich unserer Zeitgeschichte widmen. Die deutschen Produzenten verkaufen ihr Publikum leider gerne für dumm. Was man bei uns vermisst, kompromisslose, kluge, wahrhaftige Filme über die Zeit vor der Wende, gibt es in Osteuropa in erstaunlicher Fülle. Was Krise heißt, musste man dort nicht erst im letzten Herbst lernen. Im Jahr 2000 wurde kein einziger rumänischer Film produziert, neun Jahre später kommen aus einem Land, in dem es noch ganze 80 Kinos gibt, einige der stärksten Filme der jüngeren Zeit, ausgezeichnet auf großen Festivals.

Vielleicht liegt es daran, dass Filme über die DDR immer für ein gesamtdeutsches Publikum produziert werden, dem man nicht zutraut, etwas zu verstehen, was es nicht erlebt hat. In Rumänien haben Filme Erfolg, die man eigentlich nur als Rumäne verstehen kann, aber das Ergebnis ist genau deshalb universell. Warum können die jungen Darstellerinnen aus „4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage“ so überzeugend Frauen aus der Ceausescu-Zeit spielen? Jede Geste wirkt echt. Oder „A fost sau n’a fost“, ein Meisterwerk von grausamer Komik, eine Parabel auf die Wende und ihre Folgen. Die Revolutionäre hängen an der Flasche und der Stasi-Offizier ist ein einflussreicher Geschäftsmann, so ist die Realität, zum Weinen, aber so genau gespielt, dass man lachen muss. Oder „Der Tod des Herrn Lazarescu“, wie kann ein Film über das Sterben eines verarmten Rentners so spannend und humorvoll sein, obwohl er keine Konzessionen an das Harmoniebedürfnis der Zuschauer macht? Die jungen rumänischen Regisseure kennen die Filmgeschichte genau, sie kennen auch den Westen, aber sie erzählen von zu Hause, wo sie die stärkeren Geschichten finden. Wer sie sich ansieht, wird mit Rumänien mehr verbinden als Dracula und Straßenkinder. Jochen Schmidt

Noch bis zum 31. März „Kinematographie heute: Rumänien“, Zeughaus-Kino. U. a. 13. März., 21 Uhr, „California Dreamin’“, 20. März, 21 Uhr „A fost sau n’a fost?“.

Jochen Schmidt

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