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Was machen wir heute?: Verschwörungen aufdecken

Wie ein Neuberliner die Stadt erleben kann

Der alte Zwist erlebt spätestens seit dem Klimagipfel in Kopenhagen seinen soundsovielten Frühling: Während Klimaschützer vor der menschgemachten Erderwärmung warnen und beizeiten eine Verschwörung der Industrie gegen ihre Ziele wittern, warnen Klimaskeptiker vor den Klimaschützern und wittern eine Verschwörung von Wissenschaft und Medien. Nun hat sich in Norddeutschland auch noch das Klima gegen die Menschen verschworen – oder, um genau zu bleiben – das Wetter: Menschen lernen sich im Stau oder beim Autoanschieben kennen, im Mauerpark wird gerodelt, in Spandau skigefahren, Kreuzberger seifen Neuköllner bei Schneeballschlachten ein, und die Berliner S-Bahnen, jene scheuen Vehikel, die sich immer seltener zeigen, tragen Bärte aus Eiszapfen.

„Von wegen Erderwärmung!“, möchte man da rufen und sich der Idee einer Verschwörung übereifriger Umweltaktivisten und publicitysüchtiger Wissenschaftler anschließen. Leider sind die schönsten Konspirations-Szenarien, die alles lückenlos in wenigen Sätzen erhellen können, oft der größte Quatsch. So ist es auch hier – auf der einen Seite Expertinnen und Experten mit seriösen Forschungsergebnissen, die nicht immer richtige Schlüsse aus ihren Untersuchungen ziehen, aber doch weitgehend einen ernst zunehmenden Konsens erreicht haben, auf der anderen Seite leidenschaftliche Laien, die nicht müde werden, Klimaschutz als Ersatzreligion zu verspotten. Dabei wirken die Klimaskeptiker selbst ein wenig religiös, wenn man sich ihren Furor in den Kommentarbereichen aller möglichen Medien vor Augen führt. Man könnte meinen, aber vielleicht gehe ich jetzt zu weit, dahinter stecke eine Verschwörung, extrem ausgeklügelt, extrem gefährlich. Anselm Neft

Weitere tolle Verschwörungen, z.B. in „Watchmen“ oder „From Beyond“ finden sich im Comicladen. http://www.modern-graphics.de. Erhältlich im Laden in Kreuzberg: Oranienstraße 22 oder in der Filiale in der City-West: Tauentzienstraße 9-12 (im Untergeschoss des Europa-Centers)

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