zum Hauptinhalt

Was machen wir heute?: Vorlesen

Ich lehne es eigentlich ab, für mich Werbung zu machen und den letzten Gutwilligen damit abzuschrecken. Früher reichte es, mit einem Flugzeug auf dem Roten Platz zu landen, um bekannt zu werden, heute muss man ständig Lesungen machen und dabei professionell wirken aber auch ein bisschen verrückt, damit kein Zuschauer denkt: Dit kannick ooch!

Ich lehne es eigentlich ab, für mich Werbung zu machen und den letzten Gutwilligen damit abzuschrecken. Früher reichte es, mit einem Flugzeug auf dem Roten Platz zu landen, um bekannt zu werden, heute muss man ständig Lesungen machen und dabei professionell wirken aber auch ein bisschen verrückt, damit kein Zuschauer denkt: Dit kannick ooch!

Ich habe also ein neues Buch geschrieben, „Weltall. Erde. Mensch.“ Im Osten sagen alle: Darfst du das denn so nennen? Sie haben nämlich ein gleichnamiges Buch zur Jugendweihe in die Hand gedrückt bekommen. Ich fand einfach den Titel schön. Für eine Textsammlung, die eine Erzählung über einen liebeskranken Kosmonauten enthält, einen Weihnachtsbesuch des Tocotronic-Sängers bei seinen Eltern, einen langen Text über Sommerurlaube im Oderbruch, einen Dia-Vortrag über meine idealen Wohnungen, einen Comic über ein Sommer-Ferienlager 1983 sowie die ideale Gute-Nacht-Geschichte, die so langweilig ist, dass bei ihr jeder einschläft (der einzige Text, der meine Mutter interessiert hat, die anderen seien „wieder so sentimental“), schien er mir brauchbar. Man muss ja nicht immer alles neu erfinden.

Vier Buchpremieren hatte ich im Roten Salon, es war immer schön, obwohl Frank Castorf nie im Publikum saß, obwohl es sein Theater ist. Vielleicht findet er keinen Babysitter? Neulich sah ich ihn in der Stargarder einen Buggy schieben. Er kennt mich ja gar nicht, und ich bin stolz darauf, keine Prominenten zu duzen und noch nie in der Paris-Bar gewesen zu sein. Wir werden uns auch ohne ihn amüsieren! Vielleicht lese ich ja die lange Oderbruchgeschichte vor, so sentimental ist sie auch wieder nicht, ich wäre nur gerne wieder ein Kind und im Sommer auf dem Dorf. Wenn ich mit meiner Tochter dort bin, bleibt sie am liebsten im Haus und sitzt im Schaukelstuhl. Genau wie ich früher, und das ist ja auch schon wieder so rührend. Jochen Schmidt

Donnerstag, 4. November 20 Uhr, Roter Salon der Volksbühne, Rosa-Luxemburg-Platz: „Weltall. Erde. Mensch.“ Buchpremiere, 6 Euro.

Jochen Schmidt

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false