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Was machen wir heute?: Zum Elektriker gehen

So ein kleiner Handwerker ist Gold wert, jedenfalls für die Kundschaft. Für ihn selbst ist es mit dem goldenen Boden ja nicht mehr weit her, wie der Rentnerin aus gegebenem Anlass bewusst wurde.

So ein kleiner Handwerker ist Gold wert, jedenfalls für die Kundschaft. Für ihn selbst ist es mit dem goldenen Boden ja nicht mehr weit her, wie der Rentnerin aus gegebenem Anlass bewusst wurde. Wer gibt sich schon noch mit einfachen Reparaturen ab? Klar, jede größere Service-Firma schickt gern einen Monteur ins Haus. Der beguckt sich den Schaden und meint glatt, der Aufwand lohne sich nicht mehr, das Fabrikat sei längst überholt, ein neues Gerät günstig zu haben.

Unsereiner hängt nun aber an manchen Dingen, sie haben ihren Wert, man will sie nicht missen. Neulich blitzte und knackte es kurz, als sie die große gläserne Vasenlampe anknipste. Nach gut 40 Jahren kein Wunder, dass die Lampe ihren Geist aufgab, der Pensionär hätte sie bestimmt wieder zum Leuchten gebracht. Nun aber musste fremde Hilfe her, immerhin ist es ein schönes Stück, damals war es richtig teuer.

Bloß keinen Monteur bestellen, dachte sie, die sind immer gleich für Entsorgen. Also schleppte sie die Lampe zu einem Elektriker in seinem kleinen Laden, der auch Reparaturen macht. Sie war froh, dass er sich der Sache erbarmte. „Wird aber ’ne Woche dauern“, grummelte er. Ihren zaghaften Einwand, es eile ein bisschen, da sie seltenen Besuch erwarte, quittierte er streng: „Interessiert mich nicht!“ Es klang, als wollte er sagen: Seien Sie froh, dass es mich gibt. Aha, dachte sie, einer mit märkisch-berlinischem Charme, auch das hat heutzutage Seltenheitswert.

Nach einer Woche rief er an und brubbelte knapp: „Da is’n Kurzer drin. Rufe durch, wenn se fertich is!“ Sie bedankte sich ergeben, anderntags durfte sie ihre Lampe abholen, sie war selig. Die Reparatur war so lächerlich billig, dass sie sich fragte, wie der alte Meister zurechtkommt. Vor Dankbarkeit kaufte sie ihm gleich einen Schwung Glühbirnen ab, was ihn freundlich stimmte. Bedächtig griff er nach Block und Bleistift und schrieb umständlich die Rechnung wie seit alters her. Demnächst macht er seinen Laden dicht, lohnt nicht mehr. Schade, wieder ein hilfreicher Handwerker weniger. Brigitte Grunert

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