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Was machen wir heute?: Zuziehen

Letztens war ich bei einer Anwohnerversammlung. So etwas ist modern, seit man in Prenzlauer Berg nicht sicher sein kann, was rücksichtslose Stadtplaner so alles aus dem schönen Dorfleben machen wollen.

Letztens war ich bei einer Anwohnerversammlung. So etwas ist modern, seit man in Prenzlauer Berg nicht sicher sein kann, was rücksichtslose Stadtplaner so alles aus dem schönen Dorfleben machen wollen. In der Kastanienallee regen sich die früher Zugezogenen darüber auf, dass sie jetzt von später Zugezogenen verdrängt werden und dass der Gehweg auf ihrer Posermeile für den Fahrradverkehr verengt werden soll. Der Widerstand heißt K21 – so viel Bürgerbewegung muss sein in Prenzlberg, wo man sich schon nichts hat gefallen lassen, als hier noch kein Dorf war.

Ich wohne an der Gethsemanekirche, vor der eine Stele an eine wirklich wichtige Revolution erinnert, und es kann nicht mehr lange dauern, bis sich die Initiative G21 gründet. Im Gemeinderaum stellten kürzlich eine Frau und ein Mann ihre Idee vor, die Straße rund um die Kirche vom Verkehr zu befreien und zu begrünen. Sie zeigten Fotos von einem Kinderfest, für das einen Tag lang die Autos verbannt worden waren, und schwärmten vom zukünftigen „Gethsemaneplatz“. Nun war allerdings auch der gemeine Anwohner anwesend und der fragte nach den wegfallenden Parkplätzen („Ick meen’ jetze nich für Kinderwagen“). Dann meldete sich eine Frau, die erzählte, dass sie direkt über dem Spielplatz hinter der Kirche wohne und nicht mehr das Fenster öffnen könne wegen des Lärms – und sie meinte nicht die Autos. Woraufhin im Gemeindehaus eine heftige Diskussion losbrach zwischen alten Prenzlauer Bergern („Wer in eine Stadt zieht, muss Autos und Kinder vertragen“), neuen Prenzlauer Bergern („Warum können Sie denn nicht S-Bahn fahren?“) und frisch Zugezogenen („Berlin ist so schön, deshalb fahre ich mit dem Fahrrad“). Schließlich merkte eine ältere Frau an, die Kinder von früher hätten nicht so laut geschrien wie die heutigen. Wie man hört, beschäftigt sich inzwischen das Bezirksamt mit der Idee vom Gethsemaneplatz. Ich fürchte, dass es bald die ersten Mahnwachen am Kinderspielplatz geben wird. Es ist nur die Frage, wogegen. Robert Ide

www.gethsemaneplatz.de

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