zum Hauptinhalt

Kultur: Waschen und bügeln

würdigt das Subgenre des Haushaltsfilms Schon mehrfach war L. Frank Baums Kinderbuch The Wizard of Oz verfilmt worden.

würdigt das Subgenre des Haushaltsfilms Schon mehrfach war L. Frank Baums Kinderbuch The Wizard of Oz verfilmt worden. Doch 1937, als die MGM die Rechte an dem Roman kaufte, war die Konkurrenz von Disney gerade mit einem anderen Kindermusical höchst erfolgreich gewesen – und das Studiosystem Hollywoods auf dem Zenit seiner Kräfte angekommen. Also leistete man bei der MGM ganze Arbeit, um aus dem kleinen Provinzmärchen ein großes Musical zu machen, das es mit „Schneewittchen“ aufnehmen konnte. Dennoch wäre Dorothys Eingangslied beim Endschnitt fast rausgeflogen. weil es den Studiogewaltigen damals überflüssig und deplaziert erschien. 55 Jahre später wurde der von Judy Garland gesungene Arlen/Harburg-Song „Somewhere over the rainbow“ zum besten Filmlied aller Zeiten gekürt; Munchkins und Böse Hexe des Ostens sind zum festen Bestandteil der US- Folklore geworden und Kansas zum weltweiten Synonym für Ostwestfalen. Nun bringt der Neue Visionen-Verleih das Musical in einer rekonstruierten Fassung mit Digitalton und zwei Sprachversionen in die Kinos. So läuft der Film in einer Synchronfassung für Kinder ab heute in den Hackeschen Höfen. Im Lichtblick ist er im untertitelten Original zu sehen. Wie auch sollte man „There’s no place like home“ angemessen in Filmdeutsch übersetzen?

Kansas kann überall sein, auch in einer belgischen Etagenwohnung. Nur dass im europäischen Autorenkino der Siebzigerjahre die tröstende Botschaft ausbleibt. Als Chantal Akermans Jeanne Dielman, 23 Quai de Commerce, 1080 Bruxelles (Sonntag im Kino Arsenal) erstmals 1975 erschien, wurde der Dreieinhalbstünder von der jungen feministischen Filmkritik als Paradestück weiblicher Filmästhetik propagiert. Führten die langen Echtzeit-Einstellungen alltäglicher Hausarbeit nicht geradezu in eine neue cineastische Ära? Akerman selbst hat sich gegen solche Zuschreibungen verwehrt, doch sie hatte den Nerv der Zeit getroffen. Heute ist ihr Film längst ein Klassiker nicht nur feministischer Filmgeschichte, und ihr Umgang mit Aktion und Zeit hat auch bei männlichen Regisseuren viele Adepten gefunden. Der kleine Ausflug in das Subgenre „Haushaltsfilme“, die die Arsenalistinnen unter dem Buchstaben H in ihr filmisches Alphabet aufgenommen haben, setzt Chantal Akermans Film in den reizvollen Kontext anderer Filme, die sich den ebenso beengenden wie potenziell befreienden Qualitäten solch häuslicher Rituale widmen: Die Reihe läuft bis Ende April.

Zur Startseite