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Kultur: Wassermann

Dem Filmregisseur Wolfgang Petersen zum 70.

Eigentlich hat dieser Mann alles erreicht. Er hat deutsche Fernsehgeschichte geschrieben. Er hat dem deutschen Kino seinen größten internationalen Erfolg beschert. Und in Hollywood inszenierte er einen Blockbuster nach dem anderen. Wolfgang Petersen teilte sich diese Ehre mit einem weiteren ausgewanderten Deutschen, Roland Emmerich, ohne allerdings dessen Geschmacksverirrungen zu teilen. Der Hurrapatriotismus von Petersens „Air Force One“ (1997) ist nicht so schamlos wie der von Emmerichs „Independence Day“. Und was „Poseidon“ angeht, den Flop des Sommers 2006: Petersens Regie ist gekonnt wie immer, nur fehlen Stars wie Eastwood, Clooney oder Pitt.

Geboren wurde Petersen heute vor 70 Jahren in Emden, und die Nähe zur Nordsee mag seine Stoffwahl beeinflusst haben. Bereits die „Tatort“Folgen „Blechschaden“ (1971) und „Strandgut“ (1972) beeindruckten durch ihr norddeutsches Lokalkolorit. Eine unverkennbare Regiehandschrift entwickelte er nicht. Der eigentliche Schöpfer von „Smog“ (1973) war Wolfgang Menge. „Die Konsequenz“ (1977) erregte wegen der homosexuellen Thematik Aufsehen. Und beim „Reifezeugnis“ (1977) denkt jeder an Nastassja Kinski. Petersen verstand sich als Diener seiner Geschichten. Das war sicher ein Grund, ihm „Das Boot“ (1980) anzuvertrauen, den bis dahin größten Kraftakt der westdeutschen Filmindustrie und aus heutiger Sicht ein Fremdkörper in Petersens Werk. Seine Regie ist hier sichtbar. Man bewundert das U-Boot-Raumgefühl, der Film stellt seine Mittel aus, und es ist seine formale Meisterschaft, die ideologische Bedenken verstummen lässt.

Ausgerechnet in Hollywood, wo ihm die größten Stars und die höchsten Budgets zur Verfügung standen, nahm Petersen sich wieder zurück. Vielleicht ist es kein Zufall, das Clint Eastwood ihm mit „In the Line of Fire“ (1993) zum Durchbruch verhalf, auch er ein unprätentiöser Handwerker. „Der Sturm“ (2000) hat seine stärksten Passagen nicht auf hoher See, die überwiegend am Computer gesteuert wurden, sondern in der Exposition, die ausführlich das Hafen- und Fischermilieu von Gloucester, Massachusetts, erkundet.

Bescheiden ist Petersen. Bei Besuchen in Deutschland erweckt er nie den Eindruck, von einer verständnislosen Filmförderung vertrieben worden zu sein. Nur in seiner Autobiografie „Ich liebe die großen Geschichten. Vom ,Tatort’ bis nach Hollywood“ (1997) beklagt er sich über „eine unheilvolle Allianz bestimmter Filmkritiker mit bestimmten Filmemachern“. Diese Allianz hat es gegeben, aber für wen soll sie unheilvoll gewesen sein? Für Petersen nicht, er war in der Industrie angesehen genug, um trotz reservierter Kritiken Aufträge zu bekommen. Und als „Das Boot“ als Langfassung im Fernsehen lief, revidierten auch die meisten Kritiker ihr negatives Urteil.

Als neues Projekt ist die Verfilmung von John Scalzis Roman „Old Man’s War“ im Gespräch. Schön wäre natürlich auch eine Rückkehr zu den Anfängen. Wie wäre es mit einem „Tatort“? Frank Noack

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