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Kultur: Wegbereiter neuen Bauens: Draht und drei Scheiben

Helmut Hentrich war einer der letzten Zeugen des Dessauer Bauhauses. Noch im vergangenen August erzählte er, wie Walter Gropius im Dezember 1926 zur großen Eröffnungsfeier einlud.

Helmut Hentrich war einer der letzten Zeugen des Dessauer Bauhauses. Noch im vergangenen August erzählte er, wie Walter Gropius im Dezember 1926 zur großen Eröffnungsfeier einlud. 350 Menschen, die Prominenz des europäischen Geistes- und Kunstlebens, trafen sich in der kleinen Aula des Bauhauses. "Ich glaube nicht, dass sich in diesem Jahrhundert so viele bekannte Leute in einem so kleinen Raum zusammenfanden", bemerkte er nicht ganz unbescheiden und fügte hinzu: "Ich bin der letzte Überlebende." Trotz seines Architekturstudiums bei Hans Poelzig, der lieber expressionistische und monumentale Formen bevorzugte, fühlte er sich früh zum Neuen Bauen hingezogen.

Seine Mitarbeit an Speers Neugestaltung von Berlin und die schon während des Krieges begonnene Wiederaufbauplanung für seine Heimatstadt Krefeld haben ihm viele in der neuen Republik als Opportunismus angekreidet, doch sein Beitrag für die Verbreitung des modernen Bauens in Deutschland kann kaum überschätzt werden. Das notwendige Instrumentarium eignete sich Hentrich 1930 bis 1932 im New Yorker Büro von Norman Bel Geddes an. Deswegen war es kaum verwunderlich, dass er in den Düsseldorfer Nachkriegsjahren der erste Architekt war, der kongenial den International Style umsetzte. Bereits das 1950 errichtete "Drahthaus", das Hentrich mit seinem Partner Hubert Petschnigg errichtete, knüpft an die Formensprache der Moderne an. Auch das 1953 fertig gestellte "Aluminiumhaus" steht in seiner schlichten Eleganz der Architektur des Bauhauses keineswegs nach.

Doch Höhepunkt des neuen Düsseldorf wurde das 1960 vollendete "Dreischeibenhaus" des Thyssen-Konzerns, eine Ikone des Wirtschaftswunders. Nach einigen hochkarätigen Aufträgen aus Südafrika restaurierte das zum überaus produktiven Großbüro "HPP" avancierte Team von Hentrich zwischen 1972 und 1978 die von Wilhelm Kreis in den zwanziger Jahren errichtete Tonhalle. Die längste Zeit seines Lebens wohnte Helmut Hentrich in dem von seinen Eltern erworbenen Düsseldorfer Haus, wo er in der Nacht zum Donnerstag im Alter von 95 Jahren starb.

Klaus Englert

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