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Kultur: Weiter warten

rüdiger schaper über Becketts Dramen und die Damen Als Gott den Mann erschuf, übte sie nur. Der Witz ist alt: vielleicht ein paar hunderttausend oder Millionen Jahre.

rüdiger schaper über

Becketts Dramen und die Damen

Als Gott den Mann erschuf, übte sie nur. Der Witz ist alt: vielleicht ein paar hunderttausend oder Millionen Jahre. Als Shakespeare seine Räuberpistolen schrieb, ahnte er nicht, dass sie einmal (soweit man das heute beurteilen kann) unsterblich sein würden. Und wahrscheinlich fehlte dem wunderbarsten aller Theaterfantasten auch die Vorstellungskraft dafür, dass eines Tages Schauspielerinnen so frei wären, in seine Heldenrollen zu schlüpfen – Sarah Bernhardt oder Angela Winkler als Prinz Hamlet, Marianne Hoppe als King Lear. Und Corinna Harfouch als „Des Teufels General“; aber das ist wieder eine andere Geschichte.

Spätestens seit dem Kino-Hit „Shakespeare in Love“ wissen wir: Zu Zeiten von Queen Elizabeth I. waren weibliche Wesen auf der Bühne verboten. Frauenverbot gibt es bis heute – zum Beispiel im klassischen japanischen Theater. Und für Samuel Becketts „Warten auf Godot“. Der S. Fischer Verlag hat mehreren Theatern, die diesen Klassiker der Moderne mit Schauspielerinnen besetzen wollten, eine Absage erteilt. Begründung: Der Autor habe kategorisch darauf bestanden, dass sein Stück so gespielt werde, wie er es geschrieben hat.

Das ist, um mit Fontane zu sprechen, der auch ein griffiger Theaterkritiker war, ein weites Feld. Glücklicherweise kennen wir „Warten auf Godot“ in Becketts eigener Berliner Inszenierung aus den frühen Siebzigerjahren. Horst Bollmann und Stefan Wigger als Wladimir und Estragon: fabelhaft, einmalig! Leider nicht wiederholbar. Passé. Man kann nachlesen, wie der schweigsame Ire jedes Komma, jede Silbe drei Mal umdrehte, damals, im Schiller-Theater.

Doch waren Didi und Gogo in des Meisters Regie nicht unglaublich zickig, wie sie da herumstanden und sich anblafften wegen nichts, sich ewig stritten und versöhnten? Liegt nicht zwischen Damen und Dramen, zumindest im Deutschen, nur ein einziger Buchstabe? Ob Brecht oder Beckett, ob Hochhuth oder Tennessee Williams: Verbote im Theater haben noch nie etwas gebracht.

Es sei denn, jemand käme auf die Idee und ließe Godot endlich auftreten. Wer garantiert, dass Beckett bei seinem Phantom nicht an die Weiblichkeit gedacht hat? Madame Godot kommt immer zu spät oder gar nicht. Es würde zu dem misogynen Alten passen.

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