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Welche Kosten übernehmen die Länder?: Bei der Reform der SPK geht es jetzt ums Geld

Die Preußen-Stiftung beginnt sich zu reformieren. Und braucht dringend mehr Geld. Berlin will das nicht alleine tragen, so Klaus Lederer im Kulturausschuss.

Im Juli sorgte das Gutachten des Wissenschaftsrates für Aufregung, das nach annähernd zweijähriger Analysezeit die Auflösung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) und deren Aufteilung in vier eigenständige Institutionen vorschlug. Von „Zerschlagung“ ist seitdem die Rede.

Eine Vokabel, die so leicht nicht wieder einzufangen ist. Auch wenn Stiftungspräsident Hermann Parzinger und selbst Kulturstaatsministerin Monika Grütters bald durchblicken ließen, dass nicht alle Empfehlungen des Wissenschaftsrats umgesetzt werden würden.

Auch die Direktoren der 19 Häuser der Staatlichen Museen zu Berlin, die als eine von fünf Einrichtungen zur SPK gehören, hatten sich zu Wort gemeldet, forderten Mitspracherecht beim Reformprozess. Es waren ja vor allem ihre Häuser, die in der Kritik standen. Bleibt die Frage, wer ordnet nun die Zukunft der Stiftung und welche Rolle spielt Berlin dabei?

Mit dieser Frage beschäftigte sich nun zum zweiten Mal der Kulturausschuss im Berliner Abgeordnetenhaus. Zum Termin war jeweils ein Vertreter von Wissenschaftsrat, Bundeskulturministerium, Stiftung und den Staatlichen Museen zu Berlin eingeladen. Eines wird deutlich: Eine schnelle Auflösung der Stiftung steht nicht mehr im Raum, zunächst geht es um Reformen innerhalb der einzelnen Einrichtungen, vor allem innerhalb der Staatlichen Museen. Und darum, wie sich Bund und Länder künftig die Kosten teilen.

Reformkommission soll nächste Schritte anleiten

Bei der jüngsten Stiftungsratssitzung im August wurde eine Reformkommission ins Leben gerufen. Ihre erste konstituierende Sitzung soll am 28. Oktober stattfinden, eine „Roadmap“ für den Änderungsprozess erarbeitet werden.

Die Kommission besteht aus zwei Vertretern des Bundes, dazu gehört Günter Winands, Abteilungsleiter bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, vier Ministerpräsidenten der Länder, unter anderem Klaus Lederer, der Präsident der Stiftung Hermann Parzinger und Vizepräsident Gero Dimter. Von Seiten der Staatlichen Museen wird ein Vertreter in der Kommission sitzen. Ob das reicht?

„Die Reformkommission wird den Prozess organisieren und moderieren“, beschwichtigt Kultursenator Lederer im Ausschuss. Selbstverständlich sei die Aufgabe nicht von den Angehörigen des Gremiums zu stemmen, diese würden Arbeitsprozesse definieren, in die Vertreter der Berliner Museen und externe Experten einbezogen würden.

Die Stiftung sei "nicht reformbierbar"

Thomas May, Generalsekretär des Wissenschaftsrates, bleibt dabei: „Die Stiftung scheint in ihrer jetzigen Struktur nicht reformierbar.“ Präsidium und gemeinsame Hauptverwaltung sollten aufgelöst werden. Zu gravierend seien die Nachteile, die historisch gewachsenen, überkomplexen Organisationsstrukturen, das Verhältnis von Präsident und Generaldirektion.

Problematisch auch die Finanzierung: der seit 24 Jahren gedeckelte Beitrag der 15 Bundesländer zu den Betriebsausgaben, die Kopplung der Finanzierungsanteile von Bund und Berlin.

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Die Staatsbibliothek, das Ibero-Amerikanische Institut und das Geheime Staatsarchiv seien im Gutachten gut bewertet worden. Wie dysfunktional könne die Dachstruktur der SPK also sein, fragt Gero Dimter, als Vizepräsident der SPK per Videokonferenz zugeschaltet. Und nicht nur er, auch die Abgeordneten der Fraktionen sind gegenüber der Dachstruktur der SPK recht milde.

Es sei wichtig, so Dimter, weiterhin spartenübergreifend zusammenzuarbeiten, Ressourcen gemeinsam zu nutzen, gleichzeitig sei eine größere Autonomie und Eigenverantwortung der Einrichtungen der SPK notwendig, etwa Budget- und Personalhoheit innerhalb der Staatlichen Museen. Die SPK könne sich als Holding mit Verwaltungs- und Infrastrukturservices verstehen, oder auch inhaltliche Leitlinien entwickeln und sich um eine internationale Sichtbarkeit der Einrichtungen kümmern.

Klaus Lederer will eine Deckelung für Berlins Anteil

Auch Kultursenator Klaus Lederer macht deutlich, dass die großen Strukturfragen für ihn erst an zweiter Stelle kommen. Zunächst müsse man über die Finanzierung der Stiftung sprechen. Trotz beträchtlicher Steigerung der zur Verfügung gestellten Betriebsmittel in den vergangenen Jahren, seien für die gestiegenen Anforderungen in Sachen Vermittlung, Digitalisierung, Forschung und Ausstellungsetats zusätzliche Mittel notwendig.

Berlin sei, auch wegen Corona, nicht in der Lage hohe ein- oder zweistellige Millionenbeträge zusätzlich in die Stiftung einzubringen. Das sei ein Entwicklungshemmnis.

Entweder müsse, so Lederer, der Beitrag des Landes Berlin gedeckelt und von den Bundesmitteln entkoppelt werden. Oder die anderen Bundesländer müssten wieder in die Finanzierung miteinsteigen.

Die große Frage ist, ob die anderen Länder mehr Geld geben werden

Dass der Bund die chronische Unterfinanzierung der Stiftung zu verantworten habe, weist Günter Winands vom BKM zurück: seit Jahren erhöhe der Bund seine Ausgaben für die Stiftung jährlich um 66 Millionen. Deren Aufgaben wüchsen, man sei bereit, weiter aufzustocken. Auch Winands sieht das Problem in der Finanzierungsstruktur der Länder.

Die passenden Zahlen hat Winands, Abteilungsleiter von Monika Grütters, auch bereit: der Betriebshaushalt der Stiftung belief sich im Jahr 2020 auf 198 Millionen Euro, davon trägt der Bund 75 Prozent, die Länder 25 Prozent. Berlin zahlt als Sitzland die Hälfte des Länderanteils. Der Rest verteilt sich sehr unterschiedlich auf die einzelnen Bundesländer.

Während Bayern 2020 nur 179.000 Euro beisteuerte, zahlt Nordrhein-Westfalen als größter Beitragsgeber 5,45 Millionen Euro. Der Anteil hänge vom ehemals „preußischen Anteil“ der Länder ab, so Winands. Das sei nicht mehr zeitgemäß. Die Anwesenheit von 16 Ländervertretern im Stiftungsrat entsprechend zu hoch.

Aufbruchstimmung bei den Direktoren der Staatlichen Museen

Von Frust über das schlechte Zeugnis des Wissenschaftsrats ist bei Matthias Wemhoff, Direktor des Museums für Vor- und Frühgeschichte, der als Vertreter der Berliner Museumsdirektoren zugeschaltet ist, nichts zu spüren. Er gibt sich befreit.

Die Reform soll aus Sicht der Direktoren am besten sofort beginnen. Weder lähmende Strukturdiskussionen noch eine langwierige Änderung des Stiftungsrechts sieht Wemhoff an erster Stelle.

Die Direktoren möchten selbst steuern, jetzt sofort Budget- und Personalhoheit übernehmen. Auch wenn Wemhoff es diplomatisch formuliert, besonders die Generaldirektion, die über den Staatlichen Museen schwebt, würden die Direktorewl wohl lieber heute als morgen abschaffen.

Auch über den Sitz in der Reformkommission haben die Direktoren sich bereits verständigt. Friederike Seyfried, Direktorin des Ägyptischen Museums in Berlin, wird den Posten als Erste übernehmen.

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