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Kultur: Weltbaumeister

Meinhard von Gerkan zum 70. Geburtstag

Einen Wettbewerb für eine Oper in Quingdao gewonnen, zuvor eine international erstrangig besetzte Konkurrenz um das Nationalmuseum in Peking – kein Quartal vergeht, da nicht Erfolgsmeldungen des Büros von Gerkan, Marg und Partner (gmp) aus dem Reich der Mitte ins Abendland gekabelt werden. Längst haben gmp den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit nach Fernost verlegt und planen dort dutzendweise Projekte bis hin zur neuen Stadt Luchao. Für China ist Meinhard von Gerkan zuständig, mit Volkwin Marg Gründungspartner des Büros.

Begonnen hatte alles mit Berlin, denn ihr Erstlingswerk gleich nach dem Studium 1965 war der Flughafen Tegel, ein Bau, der wegen seiner funktionalen wie gestalterischen Qualitäten von den Passagieren noch immer geschätzt wird.

Fortan entwickelte sich das Büro rasch zum routinierten Wettbewerbsteam, das mit elegant erscheinenden Entwürfen und pragmatisch-perfekten Grundrissen trotz bodenständig moderner Grundhaltung häufig die Nase vorn hatte. Von Gerkan spielte dabei neben dem etwas konstruktivistischer entwerfenden Volkwin Marg den rationalistischen Part. Abgesehen vom Olympiastadion und einigen Geschäftshäusern gehen fast alle der zwei Dutzend Berliner gmp-Bauten auf von Gerkan zurück, vom IBA-Energiesparhaus über Tempodrom, Jakob-Kaiser-Haus und Swissôtel bis zum Lehrter Bahnhof oder dem in der Planung befindlichen Großflughafen Schönefeld.

Von Gerkan, ein Macher also, von 1974 bis 2000 Professor an der TU Braunschweig und Dr. theol. E.h. der Universität Marburg, ist zugleich ein politischer Mensch. Eine Woche vor dem Fall der Mauer hatte er in Dresden eine gmp-Ausstellung eröffnet und war mit der Überzeugung zurückgekehrt, dass „wir unseren Kollegen ,drüben’ einen Kulturaustausch schuldig“ seien. Kurz darauf organisierte er den „West-östlichen Architekten-Workshop zum Gesamtkunstwerk Dresden“. Ähnlich engagierte er sich 1998 im Anschluss an einen gewonnenen Wettbewerb „Bukarest 2000“, als er einen Workshop für Braunschweiger und Bukarester Studenten initiierte, um Ideentransfer und persönliche Beziehungen zu fördern. Derlei Aktivitäten, für die die meisten Kollegen keine Zeit haben, künden von der Überzeugung, dass die Arbeit des Architekten mehr ist als das Auftürmen möglichst viel umbauten Raumes mit möglichst geringem Aufwand. Über „Die Verantwortung des Architekten“, so eines seiner zahlreichen Bücher, hat sich von Gerkan immer Gedanken gemacht und sich im Interesse der Baukultur zu Wort gemeldet.

Gratulanten zu seinem siebzigsten Geburtstag heute werden sich noch etwas gedulden müssen, denn der Jubilar hat Termine – in China.

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