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Das Haus der Islamischen Jurisprudenz in Aleppo heute. Das Syrian Heritage Archive Project in Berlin will in Zukunft nicht nur den bestand, sondern auch die Schäden an syrischen Kulturgütern dokumentieren.

© Syrian Heritage Archive Project

Weltkulturerbe: Digitalisierung syrischer Kulturschätze: Aleppo, wie es war

Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit: Deutsche Archäologen erfassen Syriens Kulturschätze in einer digitalen Datenbank, bevor sie von der Bildfläche verschwinden - die Realität ist manchmal schneller.

„Wir wollen Aufmerksamkeit erregen und die Identität der Syrer stärken“, sagt Issam Ballouz vom „Syrian Heritage Archive Project“, das das Museum für Islamische Kunst (MIK) der Staatlichen Museen zu Berlin und das Deutsche Archäologische Institut (DAI) mit Unterstützung des Auswärtigen Amtes seit Herbst 2013 betreiben. „Erhalten, Beschützen, Erinnern“ ist das Motto des Projekts, das alle syrischen Artefakte und Pläne aus den Beständen des DAI und des Museums digitalisiert, um so am Ende eine Datenbank des syrischen Kulturerbes für einen eventuellen Wiederaufbau zur Verfügung zu haben.

Das DAI digitalisiert seine Bestände aus der jahrelangen Feldarbeit in Syrien. Das MIK wird bei der Arbeit vom Freundeskreis des Museums für Islamische Kunst unterstützt, da nur er und nicht das Museum die Fördergelder des Auswärtigen Amtes verwalten darf.

Alles landet in der Datenbank des Deutschen Archäologischen Instituts

Neben den 48 000 Fotos des MIK liefern die Nachlässe von Eugen Wirth (1925–2012), Doyen der Nahost-Geografie, und Michael Meinecke (1941–1995), dem ehemaligen Direktor des Museums, wertvolles Bildmaterial. Auch der jetzige Direktor Stefan Weber und seine Mitarbeiterinnen Julia Gonnella und Karin Pütt, die mit Ballouz das Digitalisierungsprojekt leitet, haben Fotosammlungen und Materialien aus ihrer Forschungsarbeit zur Verfügung gestellt.

All das wird in die Datenbank des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) eingepflegt, wodurch die Namen vereinheitlicht werden und alle Objekte eine geografische Kennung erhalten. Gebäude werden mit Katasternummer erfasst.

Zawiyya as-Siyadiyya, das Gebäude des Mufti Abu al-Huda as Sayyadi in Aleppo. Das Bild zeigt die Fassade des Hofes.
Zawiyya as-Siyadiyya, das Gebäude des Mufti Abu al-Huda as Sayyadi in Aleppo. Das Bild zeigt die Fassade des Hofes.

© Julia Gonnella / Syrian Heritage Archive Project

Manchmal ist die Realität leider schneller

„Wir sammeln auch Fotos der Zerstörungen in Syrien“, sagt Issam Ballouz. Es werde aber immer schwerer, diese Aktivisten vor Ort für ihre Arbeit auch zu bezahlen. Das Museum für Islamische Kunst mit seinem Projektteam des Syrian Heritage Archive Projects, welches besonders mit dem Thema Zustandskartierung und Bewertung betraut ist, unterstützt derzeit die NGO Heritage for Peace bei der Vorbereitung von Projektanträgen, u.a. an die UNESCO. Ein Pilotprojekt zur Schadensdokumentation in Aleppo könnte vielleicht unter internationaler Schirmherrschaft der UNESCO damit beginnen, all die verschiedenen Initiativen die zu Syrien arbeiten besser zu koordinieren. Diese Arbeiten führt Heritage for Peace mit syrischen Aktivisten in Aleppo durch. Keine einfache – dafür eine gefährliche Arbeit. Manchmal ist leider die Realität schneller. Moscheen vor der Zitadelle von Aleppo, die auf vielen Fotos noch zu sehen sind, sind mittlerweile dem Erdboden gleichgemacht.

Zweites Anliegen des MIK ist es, Flüchtlingskindern in der Türkei ihr kulturelles Erbe und ihre kulturelle Identität zu vermitteln. „Die meisten sind traumatisiert, für sie ist Syrien gleichbedeutend mit Krieg und Grauen“, sagt Karin Pütt. Kooperationspartner wären hier auch Heritage for Peace und der Freundeskreis des MIK. Dafür müssen aber noch Finanzmittel beschafft werden.

"Wir brauchen einen Antikenpass"

Ein dritter Schwerpunkt der Aktivitäten des Museums wäre die Internetrecherche bei eBay, auf den Seiten von Galerien und Auktionshäusern. „Wir können die Ergebnisse nicht publizieren, weil dann gleich Anwälte vor der Tür stehen, aber wenn wir fragwürdige Herkunftsangaben finden, schicken wir die Funde zur Begutachtung an Experten und bei begründetem Verdacht auch an das Bundeskriminalamt“, erläutert sie. „Wir brauchen einen Antikenpass, in dem der Verkäufer die Legalität nachweisen muss."

Die Mitarbeiter möchten weitere Fotos aus Syrien sammeln, je mehr zur Verfügung stehen, desto genauer lassen sich Daten sammeln, mit deren Hilfe man eines Tages an einen Wiederaufbau denken kann.

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