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Kultur: Weltmacht USA: Aktionen mit schwerwiegenden Folgen

Das vorliegende Buch ist eine kritische Analyse, um nicht zu sagen schonungslose Abrechnung des renommierten amerikanischen Asienexperten mit der Außenpolitik seines Landes: "Anstatt nach dem Kalten Krieg abzurüsten, widmen sich die USA der Aufrechterhaltung eines weltumspannenden Imperiums." Johnson kritisiert die Verschwendung von geistigen und materiellen Ressourcen der USA im Dienste einer sinnlosen Aufrüstung und Militarisierung.

Das vorliegende Buch ist eine kritische Analyse, um nicht zu sagen schonungslose Abrechnung des renommierten amerikanischen Asienexperten mit der Außenpolitik seines Landes: "Anstatt nach dem Kalten Krieg abzurüsten, widmen sich die USA der Aufrechterhaltung eines weltumspannenden Imperiums." Johnson kritisiert die Verschwendung von geistigen und materiellen Ressourcen der USA im Dienste einer sinnlosen Aufrüstung und Militarisierung.

Sein Schlüsselbegriff lautet "Rückstoß": Gemeint sind "unbeabsichtigte Folgen politischer Maßnahmen, die vor der amerikanischen Öffentlichkeit geheim gehalten werden. Was als verwerfliche Aktionen von Terroristen, verbrecherischen Regimen, illegalen Waffenhändlern und Drogenbossen dargestellt wird, erweist sich oft als Rückstoß auf frühere amerikanische Organisationen". So ist für Johnson der Bombenanschlag auf das Panam-Flugzeug in Lockerbie 1988 ein Vergeltungsakt für einen 1986 unter Reagan durchgeführten Luftangriff auf Libyen.

Auch die Zunahme von Drogenkonsum in den USA wurde als Rückstoß auf amerikanische Unterstützung für korrupte Militärregime in Mittel- und Südamerika angeheizt, die einst von der CIA ausgebildet wurden. Als Beleg zitiert Johnson den Bericht des Defense Science Board von 1997: "Historische Daten belegen einen engen Zusammenhang zwischen der US-amerikanischen Verwicklung in internationalen Situationen und einer Zunahme von Terroranschlägen gegen die Vereinigten Staaten."

Den tieferen Grund für die außenpolitische Fehlentwicklung der USA sieht Johnson in einer zynischen Instrumentalisierung der Menschenrechte im nationalen Interesse. Sie würden machiavellistisch angewandt, also lautstark gefordert, wenn kommunistische oder amerikakritische Regime gegen Menschenrechte verstoßen, jedoch geflissentlich übersehen, wenn proamerikanische Diktatoren Menschenrechte missachteten.

Zehn Jahre nach Zusammenbruch der Sowjetunion wird nach Ansicht Johnsons die US-Außenpolitik vom Pentagon gesteuert, als wären die USA nach wie vor massiv bedroht. Anstelle der sowjetischen Gefahr treten nun die "Schurkenstaaten", die in Wirklichkeit klein, bankrott und für die amerikanische Sicherheit unerheblich sind: Sie müssen jetzt für regionale oder globale Sicherheitsrisiken herhalten, um Amerikas massive Aufrüstung zu rechtfertigen.

Besonders originell ist Johnsons Vorwurf der Ideologisierung des freien Handels für die amerikanischen Interessen. Als Antwort auf die kommunistische Ideologie wurde freier Handel zum Kampfinstrument des Westens im Kalten Krieg transformiert. Die USA waren hierbei so erfolgreich, dass der ökonomische Erfolg der Partner in Asien, vor allem Japan, und in Westeuropa (in erster Linie die Bundesrepublik Deutschland) die marktwirtschaftliche Maxime bestätigte. Doch wurden nun die Verbündeten nicht mehr allein durch die antikommunistische Brille als Alliierte gesehen, sondern auch durch die ökonomische als wirtschaftliche Konkurrenten ausgemacht.

Heute, so Johnson, propagierten die USA die Globalisierung unter ökonomischen und technologischen Prämissen. Japaner wie auch Westeuropäer sollen erneut in das Reich der Freiheit eingebunden werden. Durch Militarisierung würden inzwischen überflüssige Strukturen aus der Zeit des Kalten Krieges aufrechterhalten, und unter dem Stichwort Globalisierung werden in Wirklichkeit höchst eigennützige Wirtschaftsinteressen verfolgt.

Johnson neigt bisweilen dazu, seine Kritik zu überzeichnen. Doch leuchtet er dunkle Seiten der amerikanischen Außenpolitik aus, die bisher zu unkritisch betrachtet wurden. Gerade wir Deutschen vergessen oft, dass Amerikas erfolgreiche und für Deutschland segensreiche Politik in Europa nicht vorschnell verallgemeinert werden darf. Zu Recht betont Johnson, dass in den Beziehungen zu Lateinamerika, Afrika und zu Asien die USA historische und politische Konstellationen falsch eingeschätzt und in der Folge schwere Fehler gemacht haben.

Aber die USA und ihre Eliten in Politik und Wissenschaft haben auch ihre Irrtümer selbst schonungslos aufgedeckt. Dafür liefert Johnson ein eindrucksvolles Beispiel mit diesem Buch. Selbst wenn er oft über das Ziel hinausschießt, die kritische Lektüre ist unverzichtbar. Sie steht in der würdigen Tradition derjenigen Revisionisten, die nicht mit ideologischen Scheuklappen, sondern in Sorge um liberale und demokratische Grundsätze sich mit der Außenpolitik der USA auseinander setzen - starker Tobak, der einem beim Lesen bisweilen den Atem nimmt, aber gerade in dieser Zeit unverzichtbar, weil die USA zur Weltmacht verdammt sind.

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