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Weltnaturerbeliste: Buchen besuchen

Deutschland will in der kommenden Woche beantragen, dass fünf deutsche Buchenwälder auf die Weltnaturerbeliste der Unesco aufgenommen werden. Ein Waldspaziergang von Christina Tilmann

Buchen sollst du suchen, Eichen sollst du weichen, sagt die alte Bauernregel. Rotbuche, Blutbuche, Droste-Hülshoffs „Judenbuche“, der Buchendom, der aus silbrig hellen, hohen, kräftigen Stämmen besteht, ein lichter, majestätischer Raum, kaum Unterholz, der Inbegriff des deutschen Waldes, der deutschen Romantik. In Deutschland allerdings muss man sie inzwischen wirklich suchen, die Buchen. Wo einst zwei Drittel der Fläche von Wald bedeckt war, verzeichnen Naturschützer heute noch gerade einmal 6,6 Prozent Buchenwald, dazu ist jede zweite Buche krank. Linden, Eichen, Birken, Tannen, allesamt sind sie bekannter und verbreiteter.

Weshalb Deutschland in der kommenden Woche in Paris beantragen wird, fünf deutsche Buchenwälder auf die Weltnaturerbeliste der Unesco aufzunehmen. Im Frühsommer sollen die Wälder von Experten der Weltnaturschutzunion begutachtet werden, im Sommer 2011 wird mit einer Entscheidung gerechnet. Es geht um Wälder auf Rügen und an der Müritz in Mecklenburg-Vorpommern, um Hainich in Thüringen, Kellerwald-Edersee in Hessen und den Wald im Biosphärenreservat Schorfheide in Brandenburg. Mit der Anmeldung soll an das Weltnaturerbe „Buchenurwälder der Karpaten“ in der Ukraine und der Slowakei angeknüpft werden.

Von der einstigen Verbreitung der Buchenwälder künden noch rund 1500 Ortsnamen in Deutschland. Einer davon, Buchenwald bei Weimar, hat als Konzentrationslager traurige Bekanntheit erreicht – und das romantische Wald-Lied schlechthin, das von Felix Mendelssohn-Bartholdy vierstimmig vertonte Eichendorff-Gedicht „O Täler weit, o Höhen, o schöner grüner Wald“, war bei den Nazis beliebt, der Komponist wurde geflissentlich verschwiegen. Der Deutsche Wald mit großem D, das tönt ganz fürchterlich patriotisch-pathetisch, der Buchendom erinnert auch an Speers Lichtdom.

Doch die Buchen in Ostdeutschland haben heute andere Qualitäten. Sie sind Oasen in einer sich entvölkernden Landschaft, sie begründen Hoffnung auf Natur- und Ökotourismus – auch das Bestreben der Unesco, immer mehr Naturdenkmale zu schützten, folgt dieser Entwicklung. Wer weiß, vielleicht werden irgendwann die letzten Menschen zwischen Müritz und Rügen auch unter Naturschutz gestellt.

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