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Kultur: Wende im Zürcher Theaterkampf?

Einen solchen Aufschrei hat Zürich seit über zwanzig Jahren nicht mehr erlebt. Und das muss selbst die Organisatoren der kurzfristig anberaumten Protestveranstaltung gegen den Marthaler-Rausschmiss überrascht haben: Mindestens tausend Menschen drängten sich am Dienstagabend im brechend vollen Saal des Theaterhauses Gessnerallee, tausend weitere harrten vor den Türen aus und lauschten im Foyer und auf der Straße den per Lautsprecher übertragenen kämpferischen Reden und Resolutionen.

Einen solchen Aufschrei hat Zürich seit über zwanzig Jahren nicht mehr erlebt. Und das muss selbst die Organisatoren der kurzfristig anberaumten Protestveranstaltung gegen den Marthaler-Rausschmiss überrascht haben: Mindestens tausend Menschen drängten sich am Dienstagabend im brechend vollen Saal des Theaterhauses Gessnerallee, tausend weitere harrten vor den Türen aus und lauschten im Foyer und auf der Straße den per Lautsprecher übertragenen kämpferischen Reden und Resolutionen.

Gekommen waren nicht nur viele Prominente des Schweizer Kulturschaffens aus allen Sparten, vom Schriftsteller Peter Bichsel bis zum Filmer Daniel Schmid, sondern ein auffallend breites Spektrum von Kulturinteressierten, junge und alte, etablierte und alternative aus den verschiedenen Szenen. Heftig applaudiert wurden den vielen Solidaritätsadressen, von Daniel Barenboim bis Tom Stromberg, von Elfriede Jelinek bis Sasha Waltz. Luc Bondy liess dem Marthaler-Team ausrichten: „Bleibt in diesem Theater sitzen, bis man euch physisch wegzerrt!“ Frank Castorf war aus Berlin eingeflogen und gab, erprobt im Umgang mit Behörden in verschiedenen Systemen, ein paar gut gelaunte Tipps, „wie man Menschen, die Macht verwalten, durcheinander bringt".

Die Heldenkrone des Mutigen aber gebührt Jean-Pierre Hoby, dem Schauspielhaus-Verwaltungsrat, der sich in die Höhle des Löwen wagte und natürlich gnadenlos ausgebuht wurde. Mit seinem Votum scheint sich so etwas wie ein Fenster geöffnet zu haben. Beeindruckt, dass so viele Leute gekommen waren, bekannte er: „Ich bin persönlich ein Marthaler-Fan. Wir möchten ihn hier behalten können. Was uns fehlt, sind je 4 Millionen Franken für die vierte und fünfte Saison.“ Das sollte doch eigentlich zu schaffen sein. Die einstimmig verabschiedete Schlussresolution „kündigt die Kündigung" Marthalers und verlangt vom Verwaltungsrat einen fünfmonatigen Entscheidungsstopp, damit Marthaler und sein Team die Publikumsrückeroberung starten können. Alfred Schlienger

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