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Kultur: Wenn der Popstar zwei Mal klingelt

Olivenöl-Stimme, Pasta-Gesicht: In der Hollywood–Komödie „Be Cool“ ist John Travolta ganz bei sich

Ist der Typ noch ganz sauber? Unter der Sonne von L.A. müssen bei Chili Palmer (John Travolta) ein paar Sicherungen durchgebrannt sein. Wie sonst kommt man von heute auf morgen zu der Idee, sein Geschäft im korrupten Filmbusiness hinzuwerfen, um ausgerechnet in der korrupten Musikindustrie sein Glück zu versuchen? Allerdings macht Chili Palmer nicht den Eindruck, dass ihm die Hitze zu Kopf gestiegen wäre. Der Kerl regt sich nicht auf. Er neurotisiert nicht herum. Im Gegensatz zum sonstigen Personal dieser heißgelaufenen Stadt macht Chili eines richtig: Er bleibt cool.

Nur: „Cool bleiben“ und „cool sein“ bedeutet nicht das Gleiche. Damit ist bereits der entscheidende Irrtum dieses Films mit dem treffenden Namen „Be Cool“ benannt, der zehn Jahre nach „Schnappt Shorty“ die Geschichte von Chili Palmer fortspinnt: Ständig zwinkert er uns zu, dass seine Hauptfigur in ihren schwarzen Anzügen nicht nur cool bleibt, sondern auch ist. Aber verglichen mit den Helden der Coolness – sagen wir: John Travoltas Tony Manero in „Saturday Night Fever“ oder John Travoltas Vincent Vega in „Pulp Fiction“ – wirkt sein Chili Palmer in „Be Cool“ wie Heino bei „Deutschland sucht das Supermodel“. Das hat damit zu tun, dass Travolta spielt, als gehöre zum Coolsein die mimische Wendigkeit eines Beruhigungsmitteljunkies. Zum anderen liegt es daran, dass sich bei Travolta neben seiner Olivenöl-Stimme langsam ein Pasta-Gesicht einstellt. Und Pasta-Gesichter sind definitiv uncool.

Ansonsten hat F. Gary Grays Film seine amüsanten Seiten – und ist hochkarätig besetzt. Was den Plot betrifft, genügt es zu wissen, dass sich Chili Palmer mit einer erfolglosen Musik-Produzentin (Uma Thurman) zusammentut, um ein weiteres miniberocktes Pop-Sternchen (Christina Milian) am endlosen Firmament der tiefen Ausschnitte zu platzieren. Das Drehbuch basiert auf einem Roman von Elmore Leonard und hat nicht viel mehr Ambitionen als die, möglichst viele humorige Szenen aneinander zu reihen. Was ihm durchaus gelingt. Denn es folgt dem Standardrezept, demzufolge eine Ansammlung schräger Typen und ethnischer Gruppen, die in einem Knäuel von Kalamitäten verwickelt werden, Komik garantieren. Dieses Prinzip hat etwa Guy Ritchie in „Snatch“ zur Perfektion gebracht. Und auch „Be Cool“ fährt damit ganz gut.

Vince Vaughn spielt einen Juden, der gerne ein schwarzer „motherfucking P-I-M-P“ im 50-Cent-Stil wäre und deshalb auf die seltsamsten verbalen und modischen Extravaganzen verfällt. Als Kopf einer Gangsta-Gang fuchtelt André Benjamin, der Sänger von OutKast, leichtfertig mit seiner Knarre herum. Der ehemalige Wrestler The Rock verkörpert einen Leibwächter, der eine feminine, leicht schwuchtelige Seite entblößt. Und der gute, alte Harvey Keitel stellt sich als Harvey Keitel zur Verfügung. Hinzu kommen Cedric, the Entertainer, Danny DeVito, James Woods...

„Be Cool“ ist prall gefüllt mit Anspielungen auf die Film- und Musikbranche. Allerdings wird die Selbstbezüglichkeit der Gags manchmal so weit getrieben, dass ihnen der Witz abgewürgt wird. Da sagt der Aerosmith-Sänger Steven Tyler, der gerade in einem Film mitspielt, dass er nicht zu den Sängern gehöre, die in Filmen mitspielen. Und John Travolta, der gerade in einem Sequel vorkommt, behauptet, dass er Sequels hasse. Immerhin: Travoltas Bemerkung sollte man im Hinterkopf behalten. Könnte ja sein, dass irgendwann über eine Fortsetzung von „Be Cool“ nachgedacht wird.

In 19 Berliner Kinos. OV im Cinestar Sony-Center

Julian Hanich

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