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Kultur: Wer die Sehnsucht kennt

Ein Sehnsuchtsort ist es geworden.Auf der Schattenseite des Kollwitzplatzes, dort, wo sich selten Touristen hin verirren, versammeln sich allabendlich dreißig, vierzig Besucher.

Ein Sehnsuchtsort ist es geworden.Auf der Schattenseite des Kollwitzplatzes, dort, wo sich selten Touristen hin verirren, versammeln sich allabendlich dreißig, vierzig Besucher."Nostalghia" verbindet sie, die Sehnsucht nach Rußland, die Liebe zur russischen Kultur.Und, gelegentlich, Andrej Tarkowskis gleichnamiger Film, der hier in Originalsprache zu sehen ist, als Videoproduktion zwar nur, dafür aber kostenlos und mit garantiert russischen Stimmen im Publikum.Und danach einen Wodka am Tresen.

Seit knapp neun Monaten residiert der "Club Nostalghia" in dem Gründerzeithaus in der Knaackstraße am Prenzlauer Berg, verbreitet mit roten Samtvorhängen, Schummerlicht, Holz, Marmor und Plüschsofa einen Wohnzimmercharme, der dem intimen Charakter des Lokals entspricht.Was Marina Lehmann, der Leiterin, im nahegelegenen "Pasternak" mißlang, weil die Nachwende-Touristenströme schon bald die gewünschte Klientel vertrieben: Im "Nostalghia" scheint es gelungen.Mit einem gemischt russisch-deutschen Programm aus Theater, Literaturcafé, Filmvorführungen, Chansonabenden und Kinderprogramm lockt die gebürtige Russin und gelernte Kostümbildnerin das gewünschte Publikum aus Schriftstellern, Theaterleuten und Studenten an.Und schuf mit ihrem Club ein intellektuelles Zentrum für die verstreute russische Gemeinde in Berlin, die inzwischen wieder fast 100 000 Mitglieder zählt.

Russisch sollte man schon verstehen bei den Lesungen, die der Hausautor Alexej Schipenko zweimal im Monat moderiert.Vorbereitete Texte, spontane Wortmeldungen aus dem Publikum, gelegentliche musikalische Einwürfe des Allround-Talents Schipenko: Im mit vierzig Zuhörern schon überfüllten Saal wird es warm und wärmer, spät und später.Fällt ein Autor aus, übernimmt der Moderator selbst die Regie, improvisiert und trägt aus neuen Werken vor.Irgendwann soll es auch zweisprachig gehen, wünscht sich die Betreiberin.

Anspruchsvoller, auch ehrgeiziger ist das Projekt des russischen Kammertheaters, das seit März 1998 existiert.In der Tradition des "Russischen Romantischen Theaters", das Boris Romanov in den zwanziger Jahre in Berlin betrieb, versucht es "Synthesetheater": Eine Mischung aus Ballett, Theater, mit russischen und deutschen Schauspielern.Drei Produktionen hat die Truppe mit Schipenko als Dramaturgen, Alexander Myznikov als Regisseur und Michail Shénon als Choreographen bislang vorgestellt.Am 27.und 29.1., zu Mozarts und Puschkins Geburtstagen, steht eine Doppel-Premiere von "Mozart und Salieri" nach Puschkin auf dem Programm.

Club Nostalghia, Knaackstr.43/45, täglich ab 19 Uhr.Am 13.1.ab 22.30 Uhr russische Neujahrsmaskerade, Eintritt 20 Mark

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