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Kultur: Wer will wissen, wie Seelen ohne Haut aussehen? - Wladimir Chotinenko

Und wenn die Seele nur eine Haut hat, die man abziehen kann? Wie sieht dann die gehäutete Seele aus?

Und wenn die Seele nur eine Haut hat, die man abziehen kann? Wie sieht dann die gehäutete Seele aus? Es gibt sie nicht mehr oft im Kino, solche Vivisektionen. Vielleicht, weil wir modern sind und was gegen Menschenversuche haben. Wer will wissen, wie Seelen ohne Haut aussehen? Aber Wladimir Chotinenko interessiert das. Er ist ein Russe.

Doch an wem soll man solche Operationen probieren? Am besten, dachte Wladimir Chotinenko, an den schon aus dem Leben Gefallenen. An solchen wie Andrej (Sergej Koltakow), die in Wirklichkeit schon tot sind. Denn ihre Seelen bluten besser. Andrej ist Hausmeister. Früher war Andrej Schauspieler, aber das hat er schon fast vergessen. Manchmal morgens fällt es ihm wieder ein. Wenn er vom Wodka der letzten Nacht aufwacht und nicht weiß, ob es sein Kopf ist, der so weh tut oder das Leben. Dann schaut Andrej aus dem Fenster und sagt: Gestern war noch Frühling und heute ist es Herbst! Nachdem er das gedacht hat, trinkt er noch einen Wodka.

Die Gefahr von Filmen wie "Boulevard der Leidenschaft" ist, dass Menschen wie du und ich schon die Inhaltsangabe ein bisschen unfroh finden. Aber Wladimir Chotinenko wollte das nicht. Darum schickt er jetzt einen schwarzen Raben in Andrejs Zimmer. Der Rabe kann sprechen. Er trinkt auch Wodka und stößt, betrunken wie er ist, einen Bücherstapel um. Die Bücher hat Andrej aus seinem letzten Leben mitgebracht Jetzt findet er alte Bilder zwischen den Büchern. Alexej spürt seine Seele.

Was fängt so an? Wir ahnen es. Ein allerletzter Tag. Chotinenko zeigt diesen allerletzten Tag mit einer Zeitlosigkeit, einer Geduld, einer Wärme, wie man sie braucht für solche Suchen nach der verlorenen Zeit. Und er läßt viel weg. Denn zuletzt ist das allermeiste unwichtig. Vor allem die Antwort auf die Frage, warum Alexej, der Schauspieler, zu trinken begann. Solche Antworten sind schon der Anfang der Lüge. Als ob jemand sagen könnte, warum gestern Frühling war und heute ist es Herbst.Noch einmal heute 20 Uhr (Arsenal)

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