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"Walter mit Spitzkragen", 1912

© Privatsammlung / Margot Schmidt

Werke von August Macke aus einer Privatsammlung: Goldfisch, Familie, Vogelkäfig

Der ehemalige Galerist Alexander Ochs zeigt in seinem Berliner Salon Gemälde, Skizzen und Aquarelle des rheinischen Expressionisten

Zehn Zentimeter genügen August Macke für ein kleines Kunststück. Mit wenigen Strichen entwirft er 1907 auf einem Blättchen Papier eine „Allee mit Droschke“. Das dunkle Grafitgrau des Bleistifts koloriert er punktuell: ein bisschen Blau, ein wenig Grün. Dennoch entsteht sofort eine urbane Szenerie wie auf Gemälden von Max Liebermann oder Lesser Ury.

Zuletzt wurde August Macke vom Brücke-Museum 2002 geehrt

Dass die zarte Skizze und ihr großzügiger Boulevard mehr für Berlin als Bonn stehen, wo der Maler einen Großteil seines kurzen Lebens verbrachte, ist schon erstaunlich. Mit der Metropole verband ihn wenig mehr als 1907 ein Ausflug in die Malschule von Lovis Corinth und fünf Jahre danach seine Teilnahme am Ersten Deutschen Herbstsalon von Herwarth Walden. Erst 2002 hat ihn das Brücke-Museum mit der Ausstellung „August Macke und die Rheinischen Expressionisten“ geehrt. Ansonsten ist Mackes Verhältnis zu Berlin von Distanz geprägt. Seine Reisen führen den 1887 geborenen Künstler vor allem nach Paris zu den Impressionisten. Und nach München, wo er sich für kurze Zeit am Tegernsee niederlässt.

Im Rheinland kann man ihm und seinen Malerfreunden kaum entkommen. In Charlottenburg sorgt nun Alexander Ochs für einen großartigen privaten Überblick – und das im doppelten Sinn. 28 Arbeiten von schnellen Miniaturen wie der Allee oder einer mit ihrem Dackel flanierenden Dame bis zum Ölgemälde seines Sohnes zeigen den Maler als pointierten Zeichner und Familienvater. Die wenigsten Bilder sind von musealer Größe, seine Frauen in leuchtend farbigen Kostümen unter strahlend blauem Himmel sucht man vergeblich. Dafür offenbart sich Macke als einer, der seine Frau Elisabeth im Schlaf oder auch nackt beobachtet und liebevoll porträtiert. Zuerst im Stil des späten 19. Jahrhunderts, später dann mit raschem Duktus ohne Rücksicht auf genaue Proportionen.

Der Maler als Familienvater

Der Künstler widmet sich auch seinem Kind. Max, nur wenige Tage alt, ist mehrfach Thema. Mal führt Macke sein Motiv sorgfältig zuende. Dann wieder konzentriert er sich auf das Gesicht des schlafenden Sohnes, die Hände lässt er als leere Konturen stehen – dreieckig und gefährlich spitz. Es gibt Entwürfe für das Dekor bauchiger Vasen oder Interieurs, in denen die Einflüsse des Japonismus deutlich werden. Man sieht Goldfische, einen Vogelkäfig, Tische und eine Vase mit dünnen Zweigen. Hier offenbart sich der Gestalter und Innenarchitekt, der sich weder stilistisch noch inhaltlich festlegen lässt.

Knapp 30 Arbeiten aus einer Privatsammlung sind versammelt. Den Auftakt macht ein frühes Bild, das Macke als 16-Jähriger malte. Sein „Bogenschütze“ von 1903 ist noch vom Klassizismus geprägt und ermöglicht den Blick auf ein Werk, das noch unberührt von den Strömungen der Moderne ist. Ebenso setzt er sich mit islamischer Kunst auseinander. 1910 freundet sich Macke mit dem Künstler Franz Marc an, der ihn zum Blauen Reiter bringt und mit Robert Delaunay bekannt macht. Ein Zusammentreffen mit Folgen, aus dem die reduzierte Formensprache des rheinischen Malers resultierte. Plötzlich werden Kubismus und Futurismus wichtig. In seinen Zeichnungen testet Macke aus, was elementar für ihn ist, wählt einen nahezu abstrakten Hintergrund und kombiniert dazu einen traditionellen Akt.

"Spargel", 1907, Öl auf Karton auf Leinwand aufgezogen
"Spargel", 1907, Öl auf Karton auf Leinwand aufgezogen

© Privatsammlung /Margot Schmidt

In der ehemaligen Galerie von Alexander Ochs hätten sich vor allem die kleinen Formate verloren. Vor knapp zwei Jahren schloss der langjährige Galerist und Experte für zeitgenössische chinesische Kunst seine Räume in Kreuzberg, um „neue Formate“ auszuprobieren. Die Zwänge des Kunstmarktes, der Trend zu immer mehr internationalen Messen und die Fließbandarbeit in der Galerie – Ochs hatte all das satt. Seitdem betreibt er einen Salon, in dem die Eröffnungen und Diskussionen nur noch auf Einladung zugänglich sind. Danach stehen die Ausstellungen zu festen, aber verdichteten Zeiten allen offen, die dieses andere, intime Format der Präsentation schätzen.

Die Galerie ist zum Kabinett mutiert. In einem großzügigen Altbau allerdings, der nicht zu jeder künstlerischen Position passt. Für die familiäre Macke-Schau ist es allerdings der ideale Rahmen. Zur Vernissage hielt Bestseller-Autor Florian Illies eine Rede, der sich für sein Buch „1913“ schon einmal mit der Freundschaft zwischen Macke und Marc beschäftigt hat. Die meisten der Arbeiten waren in Berlin bislang noch nicht zu sehen, und es scheint, als würde Alexander Ochs gerade von seinem Erfolg überholt. Schon in den ersten Tagen nach der Eröffnung standen bis zu hundert Besucher vor seiner Haustür. Was ihn freut, nun aber zu einer ungewöhnlichen Maßnahmen zwingt: Wegen Überfüllung bittet der Hausherr um Anmeldung per Mail.

Alexander Ochs Private, Schillerstr. 15; bis 2. 4., Mi–Fr 12–18 Uhr, ochs@alexanderochs-private.com

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