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Kultur: Werte Heim

Deike Diening beobachtet das Gezänk zweier TheaterDompteure Als Hellmuth Karasek in den Sechzigerjahren im Theater war (nicht zum letzten Mal!), waren seine Macher unfrisiert, trugen Jeans und Werte.

Deike Diening beobachtet

das Gezänk zweier TheaterDompteure

Als Hellmuth Karasek in den Sechzigerjahren im Theater war (nicht zum letzten Mal!), waren seine Macher unfrisiert, trugen Jeans und Werte. Matthias Lilienthal, Künstlerischer Leiter des Hebbel am Ufer ist zwar  unfrisiert und trägt Jeans, aber Werte habe er keine. Das meint zumindest Claus Peymann, Intendant des Berliner Ensembles und der Dritte auf dem Podium. Es ist ein Streitgespräch. Es lebt von gegensätzlichen Welten.

Lilienthal wurde mal in seine eigene Veranstaltung nicht reingelassen, weil er zu verhauen aussah. Er arbeitet mit Obdachlosen und Neuköllner Straßenkindern. Peymann würde das nie passieren. Peymann sagt, er und das gute, alte, aufklärerische Theater, verließen sich auf „großen Stoff und große Schauspieler“. Und weiter: „Ich sag’ das auch für die, die in diese Veranstaltung hereinorganisiert worden sind.“ Aber da unterschätzt er sein Publikum. Denn es ist überhaupt nicht klar, wer hier für wen hereinorganisiert wurde: die paar hundert Jugendlichen aus der Heinz- Schwarzkopf-Stiftung Junges Europa um Publikum zu sein für den Schlagabtausch der Theaterleute. Oder gar die Theaterleute, um für Bildung und Amüsement dieser ausgeschlafenen Studenten zu sorgen? Die vermuten nämlich sogleich, dass Peymann ja ohnehin nur die aufklären will, die sich schon für aufgeklärt halten. Peymann hält das für ein Totschlagargument. „Aufklärung ist kein Punkt an sich“, sagt Lilienthal, „sondern wir versuchen, sie immer wieder der Realität abzugewinnen“. Zu dieser Realität gehören eben auch die da draußen vor der Tür. „Damit sag’ ich jetzt nüscht gegen Lessing oder die Ringparabel...“

Was ist eine Ringparabel? Wenn sich die Argumente im Kreise drehen? Man hört sie immer wieder gern.

Da ist Lilienthal, der die Medialität unserer Lebenswelt thematisieren will, und dafür Monitore auf der Bühne braucht. Da ist Peymann, der auf TV-Monitore allergisch reagiert, und behauptet: „Ich kann in den Katakomben des Theaters überleben.“ Und wo die Volksbühne angekommen sei, das könne man ja sehen: bei den zehn Geboten und dem Vaterunser. „Das ist die Folge des Zynismus. Da landet man ganz rechts außen. Ich weiß, was tief katholisch bedeutet, da werden noch die Hakenkreuze gesegnet.“

Das Publikum hat längst entschieden, dass es hier auf beiden Seiten was zu lachen gibt. Die „Werte“ sind irgendwie aus dem Blickfeld geraten.

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