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Kultur: Wertstoffhof

Eine Debatte zur Aktion „Deutschland schafft es ab“.

Er bleibt dabei: Die Aktion sei zu simpel und vermisse jede intellektuelle Ebene, meint Ingo Arend. Damit saß der Kunstkritiker der „taz“ ziemlich allein auf dem Podium in den KW Institute for Contemporary Art, die ebenso von der Debatte um die künstlerische Aktion „Deutschland schafft es ab“ betroffen sind wie die 7. Berlin Biennale. Von hier aus startete der tschechische Künstler Martin Zet im Januar seinen Versuch, so viele Exemplare wie möglich von Thilo Sarrazins Bestseller „Deutschland schafft sich ab“ einzusammeln, um daraus im Rahmen der Biennale eine Installation entstehen zu lassen.

Die Aktion hat Zet viel Kritik eingebracht. Von Zensur war und ist die Rede, Parallelen zur Bücherverbrennung der Nationalsozialisten wurden gezogen. Einige der annoncierten „Sammelpunkte“ sagten ihre Teilnahme daraufhin ab, andere wie das Künstlerhaus Bethanien wollten erst gar nicht dabei sein, weil sich Direktor Christoph Tannert an die Zensur-Methoden der DDR erinnert fühlte. Einen wie ihn hätte man sich noch auf das von Krytyka Polityczna organisierten Podium gewünscht, um die Debatte über symbolischen Gehalt und aktionistische Sprengkraft jener Aktion weiter zu schärfen. Bis auf Arend schienen sich die Debattanten – Joanna Warsza und Artur Zmijewsk als Biennale-Verantwortliche, Koray Yilmaz-Günay als Referent für Migratiion der Rosa- Luxemburg-Stiftung, und Sebastian Wehrhahn von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus – viel zu einig.

Dass die Kunst die ästhetische Ebene verlassen und real Stellung beziehen müsse, wenn ein Buch mit seinen Thesen das soziale Klima vergifte, zog niemand in Zweifel. Leider aber fragte bis auf Arend auch keiner, ob das Einsammeln eines Buches nun die adäquate Strategie dagegen ist. Ob man so erfolgreich ein Zeichen setzt oder doch bloß in einer Geste verharrt, die die Zahl der kursierenden Bücher bekämpft – anstelle des Gedankenguts. Arend schlug als alternatives Beispiel Workshops zum kritischen Umgang mit Sarrazins Texten vor: Hier hätte die Diskussion zurück zum art context gehen können. Doch den hatte auch das Publikum in den Kunstwerken längst verlassen und stritt über die Notwendigkeit politischer Interventionen. Dabei hatte kurz zuvor noch Stéphane Bauer vom Kunstraum Kreuzberg/Bethanien die Freiheit des Geistes zum Grund dafür erklärt, weshalb der Kunstraum trotz der Proteste auch weiterhin als „Sammelpunkt“ fungiere. Christiane Meixner

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