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In Eile. Monika Grütters.

© von Jutrczenka/dpa

Wie Union und SPD die Kultur fördern: Kapitel 4.3 - die Groko und die Kultur

Kultur soll Zukunft gestalten und Identität stiften – und vieles mehr: Staatsministerin Monika Grütters und der Groko-Vertrag.

Sie hat das schönste Büro im Kanzleramt, mit Panoramablick über die Hauptstadt. Und auch wenn es kein eigenständiges Ministerium ist, das sie seit vier Jahren leitet, so ist die Bedeutung der Staatsministerin für Kultur und Medien stetig gewachsen. Wie es aussieht – und wenn die SPD-Mitglieder dem Koalitionsvertrag zustimmen –, wird Monika Grütters sich eine weitere Legislaturperiode um die Kultur im Bund kümmern.

Einst von Gerhard Schröder für Michael Naumann eingerichtet, feiert das Amt in diesem Jahr zwanzigsten Geburtstag. In dieser Zeit ist nicht unbedingt die Kultur wichtiger geworden für das Land – das ist sie immer –, aber die öffentliche Wahrnehmung und das Bewusstsein dafür haben sich geändert. Der Kultur werden neue Aufgaben zugeteilt oder auch aufgebürdet, man traut ihr in unsicheren Zeiten viel zu, die Gegenwart zu begreifen und die Zukunft zu gestalten.

Dies zeigt ein Blick in die Groko-Vereinbarung von Union und SPD. Der Kultur ist das Kapitel 4.3 gewidmet, mit Medien und Sport, auf knapp 15 von insgesamt 185 Seiten. Das war schon einmal weniger.

Und so steht es geschrieben: „Kunst- und Kulturförderung ist eine gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen, die diese in ihrer jeweils eigenen Zuständigkeit wahrnehmen“, so ist es auch in der Verfassung geregelt. Doch mehr und mehr ist der Bund in die kulturellen Aufgaben und Ausgaben hineingewachsen, sodass es jetzt heißt: „Den Kulturhaushalt des Bundes wird die Koalition auf hohem Niveau weiterentwickeln. Kultur ist keine Subvention, sondern eine Investition in unsere Zukunft.“

Bund und Länder sollen bei der Planung und Finanzierung künftig intensiver und systematischer zusammenwirken. Das läuft unter dem schönen Titel „kooperativer Kulturföderalismus“. Dazu soll es einen regelmäßigen Austausch zwischen Bund, Ländern und Kommunen geben, die Kulturstiftungen des Bundes und der Länder sind dabei.

Wichtig ist auch die Freie Szene

Diese Punkte tragen Grütters’ Handschrift, sie gehörte zum Verhandlungsteam der CDU. Teilweise liest sich der Groko-Vertrag wie das, was Rot-Rot-Grün auf Berliner Landesebene in einem ebenfalls sehr detailreichen Vertrag verabredet haben, wenn da steht: „Die Kulturlandschaft in Deutschland zeichnet sich durch Vielfalt und viele freie Initiativen und Projekte aus, die immer wieder neu anzuregen und zu vitalisieren sind.“ Das Engagement des Bundes für die Förderung der freien, zeitgenössischen und darstellenden Kunst sei im Hinblick auf interkulturelle Belange zu verstärken.

Das kommt nicht von ungefähr. Freier Kulturarbeit traut die Politik soziale Kompetenz zu, sogar heilende Wirkung. Denn, so steht im Vertrag: „Angesichts des rasanten gesellschaftlichen Wandels (Demografie, Digitalisierung, Integration etc.) sollte die kulturelle Infrastruktur in Deutschland fortentwickelt, modernisiert und an die neuen Herausforderungen angepasst werden. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Barrierefreiheit kultureller Einrichtungen und Baudenkmäler.“

Der Bundeskulturpolitik setzt das Grundgesetz Grenzen. Kultur und Bildung sind Ländersache, aber immer stärker werden hier nationale Initiativen erwartet. So will die Koalition „gemeinsam mit den Ländern neue Arbeitsformen und Kooperationsmodelle entwickeln, um die Potenziale des demografischen Wandels im Kulturbereich aufzuzeigen und die identitätsstiftende Wirkung von Kunst und Kultur herauszustellen“.

Identität, Heimat, das sind Begriffe, die immer öfter in den Äußerungen von Politikern auftauchen – bei Rechtspopulisten, aber auch bei den Koalitionären. Monika Grütters sagt: „Wir glauben, dass Kultur eine fundamentale Bedeutung als Brückenbauerin in einer vielfältigen Gesellschaft hat. „Nur wer seine Wurzeln und Werte kennt, kann auch dem Anderen und Fremden Raum geben.“

Die auswärtige Kulturpolitik soll mehr Unterstützung bekommen, das Goethe-Institut spielt als Vermittler eine immer größere Rolle. Ausdrücklich wird im Vertrag das Humboldt Forum genannt. Dort sollen die größten interkulturellen Brücken gebaut werden. Monika Grütters hat da strukturell und personell noch viel zu tun. Das gilt auch für die künftige Leitung der Berlinale, der Posten muss neu besetzt werden. Vor vier Jahren stürmte sie mit gewaltigem Elan ins Amt. Jetzt läuft an neuralgischen Punkten in der Bundeskulturpolitik die Zeit davon, während sich die Provenienzforschung als zähe Angelegenheit erweist. Auch daran ist zu erkennen, wie sich das Arbeitsfeld der Staatsministerin erweitert hat. Kultur geht quer durch die Gesellschaft.

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