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Kultur: Wiegende Körper

So ein Abend mit Sharon Kam, der Top-Klarinettistin aus Israel, ist etwas für Fans und Leute, die noch davon überzeugt werden wollen, dass Kammermusik auf hohem Niveau nicht langweilen muss. Und davon, dass ein ganzer Abend mit "Fräulein Klarinette" - wie Brahms sie nannte - die reine Wonne ist, und dass so etwas genau dieser jungen Musikerin zurzeit am besten gelingt.

So ein Abend mit Sharon Kam, der Top-Klarinettistin aus Israel, ist etwas für Fans und Leute, die noch davon überzeugt werden wollen, dass Kammermusik auf hohem Niveau nicht langweilen muss. Und davon, dass ein ganzer Abend mit "Fräulein Klarinette" - wie Brahms sie nannte - die reine Wonne ist, und dass so etwas genau dieser jungen Musikerin zurzeit am besten gelingt. Es beißt nicht, dudelt nicht, an diesem Abend gibt es im Kammermusiksaal nur elegantesten Belcanto deutscher, englischer, amerikanischer und polnischer Provenienz.

Sowohl in Schumanns liedhaften "Phantasiestücken" op. 73 wie in Brahms herbstlicher Klarinettensonate op. 120, 2 singt Kam mit warmen, blitzsauberem, vibratolosem Ton innige Duette mit ihrem geschmackvoll formulierenden Begleiter Itamar Golan. Trotz beredtestem Ausdruck meidet sie Extreme; genau so wollen wir deutsche Klarinetten-Romantik hören. Bei der "Fantasy-Sonata" des Engländers John Ireland dagegen geht das Ausdrucksspektrum bis zum Brüllen und Keifen, immer im Rahmen des Schöngesangs! Kams dichtes Legato und die Ausgeglichenheit in allen Registern kommen voll zur Geltung. Besonders in diesem Stück aus den 1940er Jahren darf die schlanke Klarinettistin ihrem Instrument wortlose Gesten entlocken, und bildet sie zugleich im eleganten Wiegen ihres Körpers ab. Klar, dass erst recht Showpieces von John Horowitz (Sonatine) und Witold Lutoslawski (Dance Preludes) - diese gewürzt mit Rachmaninov und jazzigem Bernstein, jene zubereitet nach polnischer Bauernart - für sie ein gefundenes Fressen sind. Sie kann da noch einmal die klaren, tiefen Lagen einer frühen Callas ausspielen und im Nadelregister ganz oben das weiche "piano" von Montserrat Caballé verströmen.

Felix Losert

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