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Kultur: Wien bleibt doch nicht Wien

PHILHARMONIKER

Ein Abend mit Michael Boder . Zum ersten Mal dirigiert er die Berliner Philharmoniker . Die spüren schnell, was ein Maestro ist, weil ihr Orchester aus Meistern besteht. Michael Boder? 1992 hat er an der Deutschen Oper Berlin Aribert Reimanns „Schloss“ kreiert, ein Wunschdirigent des Komponisten und gefragter Uraufführungsdirigent sowieso. Die Semperoper profitiert jüngst davon, dass er den „Ring des Nibelungen“ aus den Händen von Semyon Bychkov übernommen hat. Die Sächsische Staatskapelle darf sich wieder inspiriert fühlen, „Wunderharfe“ zu sein. Wagner dort, Alban Berg an der Wiener Staatsoper – die Akzente sprechen für sich. Aber Strauß,der Walzerkönig?

Wie Boder sich in das Allegro vivace der „Fledermaus“-Ouvertüre stürzt, das zeigt eine neue Dimension des vielseitigen Musikers. Das Stück, mit dem er siegt, hat viele Tempi und das Orchester sichtlich Spaß daran, der Flexibilität der Interpretation zu folgen. Wie man nach einem Ritardando neu die Gänge kommt, das wollen die Philharmoniker sich nun auch nicht trüben lassen, und so doppelt sich Ehrgeiz auf zündende Weise.

Wien ist nicht gleich Wien. Auch das lässt sich aus diesem Programm erfahren, da das leichte Genre des Meisterstücks von einem Alban-Berg-Schwerpunkt in der ästhetischen Kategorie absticht. Die Kärntner Volksweise im Violinkonzert – dessen introvertierte Klage dem Geiger Christian Tetzlaff viel inniger liegt als Beethovens C-Dur –, das Bänkellied der Symphonischen Stücke aus der Oper „Lulu“: in beiden Werken tendiert das scheinbar Simple oder Triviale zu Aufschrei, Sehnsucht, Katastrophe. Schwebend mühelos singt Iride Martínez das Bekenntnislied der Lulu, während das Orchester sich in das Thema ihrer tödlichen Liebe zu Doktor Schön verliebt.

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