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Kultur: Wir werden tanzen

Ausstellungsunternehmen Nationalgalerie: ein Gespräch über Sponsoring in Zeiten der Finanzkrise

Frau von Posadowsky, Eon-Chef Wulf Bernotat hat noch Ende 2007 gesagt, sein Unternehmen würde das Sponsoring auf die Hauptstandorte beschränken – auf Düsseldorf, München und Essen. Nun kommt Berlin aber doch ins Spiel.

DOROTHEE VON POSADOWSKY: Grundsätzlich betreiben wir Standortförderung, aber Berlin ist nun mal Hauptstadt. Kurz nach dem Statement von Herrn Bernotat haben wir über ein Engagement in Berlin diskutiert. Die Entscheidung war leicht. Über das Engagement für die Museumsinsel bestand bereits eine Verbindung zur Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Wir haben dann den Kontakt zum Verein der Freunde der Nationalgalerie gesucht.

Nun ist der Verein der Freunde schon ein starker Partner der Nationalgalerie. Wäre ein Museum ohne andere Förderer nicht attraktiver gewesen?

VON POSADOWSKY: Das sehe ich nicht so. Man sollte keine Konkurrenzsituation zwischen einem Freundeskreis und „corporate Sponsor“ herstellen.

ANDRÉ ODIER: Für uns war die Ausstellungsreihe „Kult des Künstlers“ sehr mutig. Wir haben einen Partner gesucht, weil wir als Verein wussten, dass wir für die Ausstellungen zu Joseph Beuys, Jeff Koons und Paul Klee mehr ausgeben müssen, als wir je einnehmen werden.

VON POSADOWSKY: Wenige Ausstellungen refinanzieren sich zu hundert Prozent. Entweder decken die öffentlichen Gelder dieses Defizit. Oder es gibt einen Partner, der einspringt.

Für welche Art der Zusammenarbeit haben Sie sich entschieden?

VON POSADOWSKY: Es gibt verschiedene Formen des Sponsorings. Große Ereignisse, beispielsweise Festivals, haben meist mehrere Sponsoren. Bei unseren großen Ausstellungsprojekten ist uns der Auftritt Eons als Exklusivsponsor wichtig. Insofern sichern wir die Veranstalter oder die Museen häufig gegen Verluste durch die Ausstellungen ab.

Sie wissen also am Anfang nicht, was für eine Summe am Ende steht?

VON POSADOWSKY: Im Großen und Ganzen schon. Es gibt Schätzungen, die auf Erfahrungswerten beruhen, so dass eine Kalkulation erstellt werden kann. Sicher kann es zu Abweichungen kommen, aber man kann grob schätzen, wie hoch die Einnahmen und Ausgaben sind. Wir wissen natürlich nicht genau, wie viele Besucher kommen.

ODIER: Die Kosten einer Ausstellung pro Quadratmeter, die Zahl der Besucher, von denen etwa ein Drittel keinen oder ermäßigten Eintritt bezahlt – das sind Bausteine unserer Erfahrung. Ebenso die Schätzung, welche Ausstellung welches Publikum anzieht. Jeff Koons zum Beispiel zieht eher ein jüngeres Publikum an als Paul Klee.

Welche Bausteine sind es bei Klee?

ODIER: Ein etabliertes, anspruchsvolles Publikum. Und Schulklassen. Aber eben nicht so ein lautes Vanity-Fair-Publikum wie bei Koons. Daraus ziehen wir Schlüsse und konzentrieren zum Beispiel unsere Werbung in bestimmten Bezirken Berlins. Wir orientieren uns daran, wo unsere Zielgruppen sind.

Wie setzt sich das kalkulatorisch um?

ODIER: Man muss zwischen Ausgaben und Einnahmen unterscheiden. Von Paul Klee sind ungefähr 250 Werke zu sehen, 80 Prozent kommen aus Europa. Die Kosten für Transport und Versicherung lassen sich schätzen, ebenso für den Katalog. Schwieriger ist die Vorhersage der Einnahmen für Eintritt, Katalog, Merchandising.

Wo kommt der Sponsor ins Spiel?

VON POSADOWSKY: Wir verstehen Sponsoring als Partnerschaft. Jede Partnerschaft, die ich bislang betreut habe, war anders. Die Royal Academy in London ist nicht mit dem Museum Kunst-Palast in Düsseldorf oder der Neuen Nationalgalerie zu vergleichen. Die Kosten variieren je nach Organisations- und Finanzierungsstrukturen der Museen.

Was erwartet Eon dafür?

VON POSADOWSKY: Wir sind kein Sponsor, der einfach nur Geld gibt und sagt, wir möchten hierfür ein Geleitwort im Katalog haben und unser Logo überall abbilden. Wir sind schon ein intensiver und manchmal vielleicht auch anstrengender Sponsor (lacht), weil wir stark involviert sind. Das heißt nicht, dass wir uns bei kuratorischen Fragen einmischen. Bei Themen der Vermarktung, Kommunikation und Finanzierung sehen wir uns allerdings als enger Partner und freuen uns, dass die Partnerschaft hier in Berlin so gut funktioniert hat. Das ist nicht immer selbstverständlich.

Gab es besondere Voraussetzungen?

VON POSADOWSKY: Man spürt, dass der Verein unter dem Druck des wirtschaftlichen Erfolges steht. Hier unterscheidet er sich von Häusern, die sich noch in der Sicherheit der öffentlichen Hand oder anderen Förderern wiegen. Den Verein und Eon verbindet, dass beide die Ausstellungen zum besonderen Erlebnis mit möglichst vielen Besuchern und wirtschaftlich erfolgreichen Projekt machen wollen.

Was bedeutet das konkret?

VON POSADOWSKY: Anfangs war nur die Rede von einem Sponsoring der Klee- Ausstellung. Die beiden Ausstellungen Klee und Koons in der Neuen Nationalgalerie sollten im Abstand von drei oder vier Wochen eröffnet werden. So wären wir zwar Exklusivsponsor für Klee gewesen, aber es hätte einen anderen Sponsor für Koons gegeben. Wir haben deshalb vorgeschlagen, die Ausstellungen gleichzeitig zu eröffnen. Der Verein hat dies mit dem damaligen Direktor Peter Klaus Schuster, den Kuratoren und Jeff Koons geprüft. Sie waren alle ausgesprochen kooperativ. Wir haben uns dann entschieden, beide Ausstellungen zu sponsern.

Warum ist es so wichtig, dass Sie der einzige Sponsor sind?

VON POSADOWSKY: Die Aufmerksamkeit für den Sponsor ist größer, als wenn drei oder vier Unternehmen auftreten.

Und was hat Eon davon?

VON POSADOWSKY: Einen Zugewinn an Reputation als Unternehmen, das seine Rolle als Teil der Gesellschaft verantwortungsvoll ausübt. Wie es diese versteht, unterscheidet sich von Unternehmen zu Unternehmen und spiegelt sich im Image wider. Uns geht es darum, kulturelle Highlights in Deutschland zu ermöglichen und Eons Selbstverständnis als engagiertes Unternehmen zu demonstrieren. Mit Klee und Koons ist uns das gelungen.

Beides sind große Namen. Hängt Ihre Entscheidung von der Zahl der Besucher ab?

VON POSADOWSKY: Entscheidend sind, neben der Qualität der Ausstellung, die Partner, das heißt die Museen. Der Imagetransfer entsteht in erster Linie auf dieser Ebene.

Würden Sie also kleinere, experimentelle Projekte nicht fördern, weil der Imagetransfer dort nicht interessant ist?

VON POSADOWSKY: Man wirft den großen Unternehmen gern vor, sie würden am liebsten Großes fördern. Nur: Die publikumswirksamen Projekte werden in der Breite wahrgenommen, viele kleine dagegen nicht. Dieses Engagement sollte jedoch nicht unterschätzt werden. Entscheidend ist, den richtigen Partner zu finden, so dass beide einen Mehrwert davon haben. Für kleinere, lokale Projekte sind regionale Unternehmen häufig die besseren Partner.

Lässt sich die Qualität Ihres Partners noch anders als durch Größe definieren?

VON POSADOWSKY: Es gehört mehr dazu. Insbesondere die Reputation eines Hauses und das, wofür es inhaltlich steht. Das Gießkannenprinzip verfehlt häufig seine Wirkung für die Unternehmen.

Könnten Sie sich vorstellen, in Berlin künftig auch auf kleinere Projekte zu schauen?

VON POSADOWSKY: Ehrlich gesagt: Wie es in Zukunft auch vor dem Hintergrund der Finanzkrise weitergeht, weiß ich noch nicht. Das wird sich zeigen.

ODIER: Der Verein der Freunde hat sich gegenüber der Neuen Nationalgalerie bereits für vier Projekte verpflichtet.

Und wenn bei Eon negativ entschieden wird, tanzen sie dann mit jemand anders?

ODIER: Für die MoMA-Schau 2004 haben wir den Sponsor knapp zwei Wochen vor Eröffnung gewonnen. Bei anderen Ausstellungen war das nicht anders. Alle finden die Kultur toll, aber für Unterstützung muss man sie suchen gehen.

Was würden Sie ohne Partner machen?

ODIER: Es gibt Termine. Wir müssen tanzen. Und das werden wir.

Das Gespräch führten Christiane Meixner und Simone Reber.

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