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WOLFGANG-KOEPPEN-ADAPTION„Der Tod in Rom“: Mein Onkel, der Nazi

Romane für die Bühne zu adaptieren ist derzeit in. Und es muss ja nicht immer Houellebecq sein!

Von Sandra Luzina

Romane für die Bühne zu adaptieren ist derzeit in. Und es muss ja nicht immer Houellebecq sein! Den kanadischen Regisseur Jacob Wren hat Wolfgang Koeppens „Tod in Rom“ nicht mehr losgelassen. Das 1953 veröffentlichte Buch, ein Klassiker der deutschen Nachkriegsliteratur, erschien ihm gleichermaßen altmodisch wie überraschend modern. Seine intensive Koeppen-Lektüre hat Jacob Wren nun zu einem Theaterabend verarbeitet.

„Der Tod in Rom“ ist der letzte Teil von Koeppens „Trilogie des Scheiterns“. Erzählt wird von den Angehörigen einer durch die NS-Herrschaft entzweiten Familie, die nach Kriegsende in Rom wieder aufeinander treffen. Die zentrale Figur ist Siegfried Pfaffrath: der Sohn eines hohen Parteigenossen, der nach 1945 den Kontakt zu seinen Eltern abgebrochen hat, konnte sich als avantgardistischer Komponist einen Namen machen. Anlässlich der aufsehenerregenden Uraufführung seiner Zwölftonsymphonie kommt es zu einem verhängnisvollen Wiedersehen. Als der homosexuelle Künstler seinem gefürchteten Onkel, dem ehemaligen SS-General Gottlieb Judejahn, in die Arme läuft, beginnt ein Albtraum.

Koeppen setzt sich kritisch mit den Folgen des Faschismus auseinander, er schildert die tief reichenden Beschädigungen, die das Dritte Reich bei den Deutschen hinterlassen hat. Opfer, Täter und Nachgeborene des Schreckens: Jacob Wren lässt die Figuren am Abgrund taumeln. Seine Inszenierung ist zugleich der Versuch, Koeppens moralischen Drahtseilakt in die Gegenwart zu übertragen. Sandra Luzina

Sophiensæle, Sa 9.6., 20 Uhr (Premiere),

So 10.6. und Do-So 14.-17.6., 13 €, erm. 8 €

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