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Kultur: Worauf er sich besonders freut: Bayreuth Eine Biografie über den Tenor Jonas Kaufmann

„Ein Weltklasse-Tenor, made in Germany“, so wird Jonas Kaufmann gerne betitelt, und zieht man einen Vergleich mit großen Kollegen heran, so fällt eigentlich nur der eine Name: Domingo. Diese baritonale Grundierung, diese Vielfältigkeit, diese Ausstrahlung.

„Ein Weltklasse-Tenor, made in Germany“, so wird Jonas Kaufmann gerne betitelt, und zieht man einen Vergleich mit großen Kollegen heran, so fällt eigentlich nur der eine Name: Domingo. Diese baritonale Grundierung, diese Vielfältigkeit, diese Ausstrahlung. Am Sonntag singt Kaufmann die Titelrolle im neuen Bayreuther „Lohengrin“, ein Superstar ist er spätestens seit seinem Debüt an der Met 2006. Da riss er in „La Traviata“ das verwöhnte New Yorker Publikum von den Sitzen, mit seinem Aussehen, mit seiner Stimme. „Brangelina sings“, urteilt das New York Magazine über seinen Auftritt an der Seite Angela Gheorgius – überlebensgroß wie das Hollywood-Traumpaar Brad Pitt und Angelina Jolie.

Dabei wäre zehn Jahre zuvor beinahe alles vorbei gewesen, bevor es überhaupt begonnen hatte, wie Thomas Voigt in seiner gerade erschienenen Kaufmann-Biografie eindringlich beschreibt. 1969 in München-Bogenhausen geboren, wächst Kaufmann in eine Familie von lebenslustigen Musiklaien hinein. Der Opa schmettert am Klavier Wagner-Opern, man reist nach Italien und bringt sich die Sprache selber bei, Jonas singt sich in den Extrachor des Gärtnerplatz-Theaters.

Er gilt als „übermütiger, anarchistischer Charakter mit großem Unterhaltungswert und schneller Auffassungsgabe, der sich ebenso ungezwungen wie ungehemmt bewegt“. Und auch das Gesangsstudium absolviert er als „lässiger Luftikus“, wie sich sein ehemaliger Lehrer und jetziger Klavierpartner Helmut Deutsch erinnert.

La dolce vita zwischen Muggen und Wurzen – musikalischen Gelegenheitsjobs und Minirollen an der Oper – hat ihr abruptes Ende, als Kaufmann ans Staatstheater Saarbrücken engagiert wird. Stress und falsche Rollen treiben den damals noch leichten lyrischen Tenor in eine Stimm- und Lebenskrise. Aus beiden geht er gestärkt hervor: Mit Michael Rhodes findet er den Lehrer seines Vertrauens, der seine verklemmte, künstlich klein gehaltene Stimme befreit. Und Kaufmann lernt eine Kollegin kennen, die die Liebe seines Lebens wird: Margarete Joswig. Inzwischen hat das Paar drei Kinder. Die Interviews mit ihm und seiner Frau, die ihre Opernkarriere aufgegeben hat, geben der Biografie einen realistischen Grundton.

„Don’t forget the Met“-Zettelchen hatten bei Michael Rhodes immer in Reichweite des Flügels gelegen. Als es dann so weit ist, stillt Margarete Joswig zu Hause das dritte Kind und hört den New Yorker Triumph ihres Mannes am Küchenradio. „Ich kenne keinen Sänger, bei dem es ohne Weiteres möglich wäre, dass er heute den Don José in ,Carmen’ singt und am nächsten Abend den Ferrando in ,Così fan tutte’, den ,Tosca’-Cavaradossi oder Parsifal“, fasst Zürichs Opernintendant Alexander Pereira die Qualitäten Kaufmanns zusammen. Flexibel und geschmeidig bleibe dadurch seine Stimme, womöglich so lange wie bei Domingo – das wünscht ihm in dieser luftigen, aber nicht peinlichen Biografie jeder. Ulrich Amling

Thomas Voigt: Jonas Kaufmann „Meinen die wirklich mich?“, Henschel Verlag 2010, 176 Seiten, 19,90 €

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