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Kultur: Wotans Abschied

NACHRUF

Sein Wotan, schrieb der britische Plattenproduzent John Culshaw, sei ein „Dialog mit der Ewigkeit“ gewesen. Und mit keiner Rolle wurde der Bassbariton Hans Hotter Zeit seines langen Lebens so identifiziert wie mit der des germanischen Göttervaters. Schon mit 22 Jahren, bald nach seinem Debüt, interpretierte der 1909 in Offenbach geborene Sänger den Wanderer im „Siegfried“. Als Wotan war er eine der prägenden Sängerfiguren der Fünfziger und Sechzigerjahre – in Bayreuth und an den großen Bühnen der Welt.

Schon damals waren es das Charisma und die geistige Durchdringung seiner Rollen, die die Kritiker rühmten und mit denen er das Publikum noch nach seinem Bühnenabschied 1974 bei Gastauftritten bis in die Neunziger begeisterte. Qualitäten, die den Wahlösterreicher und bayerischen Kammersänger nicht nur zum einflussreichen Lehrer machten, sondern mit denen er – noch vor seinem großen Nachfolger Dietrich Fischer-Dieskau – stilprägend für den Liedgesang wirkte. So sind es neben den „Ring“-Mitschnitten vor allem die Liedaufnahmen der unmittelbaren Nachkriegszeit, die Hotters Rang als Jahrhundertsänger dokumentieren: seine „Winterreise“ und seine Aufnahme der „Vier ernsten Gesänge“ von Brahms, die er für Walter Legges EMI machte. Am vergangenen Sonnabend ist Hans Hotter, wie erst jetzt bekannt wurde, 94-jährig gestorben. Mit ihm endet eine Epoche des Gesangs. jök

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