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Kultur: Wunschkonzert

Divertimento mit Palumbo an der Deutschen Oper

Auch wenn am Montag im Wannsee nur knappe zehn Grad gemessen wurden, hat sich die Deutsche Oper entschieden, die Strandkonzertsaison zu eröffnen. Bei einem bunten Potpourri beliebter Melodien wird die Bismackstraßenbühne zur Musikmuschel, das Hausorchester zur Kurkapelle, angeleitet von Generalmusikdirektor Renato Palumbo – dem ja in der Tat nach dem „Freischütz“-Debakel so mancher am liebsten den Stuhl vor die Tür stellen würde. Auch in der dritten Aufführung der Weber-Oper am vergangenen Freitag haderte der Italiener noch mit der Partitur: Schon der Eingangschor drohte auseinanderzufallen, beim Duett Agathe/Ännchen im ersten Akt drifteten Dirigent und Solistinnen auseinander, obwohl hier wahrlich keiner der Beteiligten durch szenische Herausforerungen abgelenkt wird, der großen Agathen-Arie fehlte in der Stretta jegliche Spannung, der Jägerchor, dessen verpatzte Premierenvariante mittlerweile im Internet kursiert, gelang mit Ach und Krach. Vor allem mit Krach.

Das Gerücht, die Musiker der Deutschen Oper hätten womöglich bewusst falsch gespielt, um den Maestro zu brüskieren, erwies sich allerdings als unbegründet. Im Gegenteil: Alle Instrumentalisten wirkten fest entschlossen, sich von ihrer besten Seite zu zeigen. Betrüblich nur, dass Palumbo für den Abend, bei dem das Orchester auch mal oben auf der Bühne im Rampenlich steht, ausschließlich Stücke ausgewählt hat, bei denen sich diese nur bedingt vorführen lässt. Warum muss es zu Donizettis „Fille du Régiment“ und Aubers „Fra Diavolo“ aus dem großen Fundus der Rossini-Hits ausgerechnet „La gazza ladra“ sein – alles Ouvertüren, bei denen der Einsatz der kleinen Militärtrommel zwangsläufig für eine gewisse Rumpeligkeit sorgt?

Wie schon am Freitag – an dem Manuela Uhl, von Krankheit genesen, als vokal wie szenisch klug und klar agierende Agathe zum Zentrum der Aufführung wurde – zieht auch am Montag eine Sängerin alle Aufmerksamkeit auf sich: Désirée Rancatore. Die blonde Sizilianerin hat das Zeug, Nachfolgerin der in Charlottenburg kultisch verehrten Lucia Aliberti zu werden. Was sie für Kunststückchen mit ihrem zierlichen Koloratursopran zu machen versteht, wie sie feine Pianissimo-Fäden spinnt, Spitzentöne aufblitzen lässt, das lockt Bravos hervor, gar Jubel beim Olympia-Püppchen aus „Hoffmanns Erzählungen“.

Und doch lässt einen dieses heitere Divertimento mit dem Gefühl zurück, dass sich Renato Palumbo unter Wert verkauft, selbst im italienischen Fach, wo er sich doch sicher fühlen sollte; dass er ohne Not den Piccolo unter den Hauptstadt-Dirigenten gibt, den Mann für die dolci, die Süßigkeiten. Während seine Kollegen die großen Prunkstücke des Repertoires präsentieren (Rattle präsentiert gerade mit den Berliner Philharmonikern Wagners „Rheingold“ bei den Salzburger Osterfestspielen, Barenboim besteigt zusammen mit Pierre Boulez über Ostern die Gipfelkette Mahlerscher Sinfonien), tändelt der Generalmusikdirektor der Deutschen Oper durch ein Wunschkonzert. Ein Mann ohne Leidenschaften?

Palumbo dirigiert in dieser Saison nur noch zwei Abende in Berlin: den „Freischütz“ am 9. und 13. April.

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