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Die Elektropopper Years & Years aus London.

© Universal Music

Years & Years live in Berlin: Pop vom Ende des Regenbogens

Es blitzt, knallt und leuchtet in allen Farben: Das britische Elektropop-Trio Years & Years in der Columbiahalle.

Einmal verschwindet Olly Alexander kurz hinter der Bühne. Während der Frontmann von Years & Years sein Outfit wechselt, übernehmen die Backgroundsängerinnen und -sänger das Kommando. Nach zwei, drei Minuten schmettern sie stimmgewaltig „Like A Prayer“ von Madonna in den Raum, und dieser Wechsel in die Großraumdisco passt ganz gut in den Abend, denn bei der britischen Popband ist es so: Originalität ist nicht unbedingt eine Triebfedern ihrer Kunst. Es ist ein Nice-to-have, aber eigentlich tritt der Abend eine völlig andere Beweisführung an. Er zeigt Pop als Produkt, in dem es auch um Oberflächen geht. Darum, dass es blitzt, dass es knallt, dass es in allen Farben der Welt leuchtet.

Das britische Trio hat dafür beeindruckend aufgefahren; ein bisschen wirkt es so, als wäre diese Bühnenshow für wesentlich größere Hallen bestimmt. Die einzelnen Musiker befinden sich auf verschiedenen Ebenen; vor einer nonstop bespielten Videowand schmücken drei Stelen die Bühne. Auf ihnen leuchten buchstabenähnliche Symbole, sie gehören zur Geschichte des aktuellen Albums „Palo Santo“, das von einer Androidenstadt handelt. Das ist natürlich Quatsch, aber es ist beglückender Quatsch, weil er die Musik der Band mit einer zweiten Ebene versieht, mit einer Reizüberflutung, die eventuelle Bruchstellen im Songmaterial hervorragend abpolstert.

Vom Indie-Hipster zur queeren Rampensau

Denn Years & Years haben zwar einige ziemlich gute Lieder geschrieben; der massentauglich angelegte EDM von „King“ schob sich vor bald vier Jahren völlig zu Recht an die Spitze der britischen Charts; auch das unlängst erschienene „Play“, etwas reduzierter, bleibt im Ohr. An anderer Stelle aber wird allzu deutlich, wo sich Years & Years bedienen. Ein bisschen Eurodance aus den Mittneunzigern steckt in ihrem eklektischen Pop-Mix, britischer House, ab und an Bass-Geballer. Die Bühnenshow indes umweht nicht nur der Geist von Madonna, sondern auch jener von Prince: Zweimal spielt Mikey Goldsworthy eine Keytar, jenen nicht ganz zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Hybrid aus Gitarre und Keyboard. Ihre geschwungene Form erinnert an die ikonische Symbol-Gitarre des kleinen Mannes aus Minneapolis. Und zu alldem gibt Olly Alexander, zu Beginn seiner Karriere noch sensitiver Indie-Hipster, nun die queere Rampensau, die ausgefuchste Choreografien hinlegt und gegen Ende erfreut die Devotionalien einsammelt, die die Anhänger auf die Bühne legen. Ein Shirt, einige Regenbogenfahnen, auf eine sind die Gesichter der Band gebügelt. „Wollt ihr die mir echt geben? Wollt ihr die nicht behalten?“ Er legt sie um, bleibt kurz am Bühnenrand sitzen, bevor es wieder laut wird.

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