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Süß lockt die Violine. Das Bundesjugendorchester besteht aus Musikern und Musikerinnen im Alter von 14 bis 19 Jahren.

© MUTESOUVENIR | Kai Bienert

Young Euro Classic: Wenn es walzt und wagnert

Uferlose Begeisterung: Das Bundesjugendorchester führt bei Young Euro Classic Filmmusik aus dem 20. Jahrhundert auf.

Das Nachttier im Fledermauskleid fliegt in Tönen durchs Konzerthaus. Denn das Bundesjugendorchester eröffnet seinen jüngsten Auftritt bei Young Euro Classic mit der „Grand Gothic Suite“ von Elliot Goldenthal, die der Komponist 2014 aus seinen Filmmusiken zu „Batman Forever“ und „Batman and Robin“ zusammengestellt hat. Das heißt Kino aus den Neunzigern des 20. Jahrhunderts mit musikalischer Tradition der Romantik.

Die Musiker und Musikerinnen, 14 bis 19 Jahre jung, können sich auf ihre Lorbeeren als Symphonieorchester verlassen, weil Goldenthal, der bei Aaron Copland studiert hat, sich auf seinen klassischen Grund versteht. Die Fanfare nimmt den Hörer gefangen, süß lockt die Violine, die Musik wagnert und walzt. Hämmernd wird sie laut, ohne zu lärmen. Sie ist so frei und raffiniert, dass sie auf verspielte Art amüsiert. Das Publikum schwebt in uferloser Begeisterung. Es wird von Dietmar Bär begrüßt, der als Kommissar Freddy Schenk zu den beliebtesten Schauspielern gehört. Dazu passt, dass er sich hier bewusst knapp hält, ohne einen Hinweis auf den „Tatort“ zu unterdrücken.

Die Naturkraft fantastischer Höllenmusik

Das bald ein halbes Jahrhundert alte nationale Jugendorchester leitet dieser Tage Patrick Lange. Dessen „Meistersinger“ an der Komischen Oper glänzen in der Erinnerung. Engagiert führt er seine Musiker nun durch die Faszination Film.

„Vor großer Leinwand“ geht es weiter „Von Märchen und Helden“. Zu dem Animationsfilm „Die Glasharmonika“(1966) von Chrschanowski, der den Kampf zwischen Gut und Böse mit einem surrealen Ritt durch die Kulturgeschichte illustriert, hat Alfred Schnittke eine Musik extremer Spielarten mit dem Ziel B-A-C-H geschrieben. Für Humperdincks „Hänsel und Gretel“ werden Zeichnungen von Wilhelm Busch sichtbar, bevor eine neue Musik von Clemens Rynkowski zu dem Stummfilm „The Pet“ erklingt. Erstaunlich wie das kleine Haustier ins Überdimensionale wächst, bedenkt man, dass der Film 1921 entstand. Er scheint den modernen Actionfilm aufs Korn zu nehmen. Dazu monströse Orchestration.

Als der so wunderbar erfolgreiche Comic-Zeichner Ralf König die Bühne betritt, kennt die Euphorie im Saal kein Halten mehr. Live-Zeichnungen versieht er mit Schablonen seiner Comic-Figuren. Die machen, wenn der Teufel kommt, „Eine Nacht auf dem Kahlen Berge“ lustiger, als Mussorgski seine „russische Walpurgisnacht“ empfunden haben mag: Das ist Naturkraft fantastischer Höllenmusik.

Nach dem Ermessen des Erfahrungswertes ist der Abend eine Goldgrube zu nennen.

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