zum Hauptinhalt

Kultur: Zarte Krallen

Meow Meow betört in der Berliner Bar jeder Vernunft

Es sind die Nächte der Katze: Maunzend streicht sie umher, gewährt nachlässig flüchtige Gunstbeweise, fährt urplötzlich ihre Krallen aus und wendet sich von den Betörten abrupt wieder ab. Ein hinreißendes Programm der Verführung mit allen Mitteln zeigt Meow Meow zurzeit in der Bar jeder Vernunft unter dem Titel „Beyond Glamour“. Die in New York lebende australische Künstlerin balanciert in der intimen Enge des Spiegelzeltes sicher und biegsam zwischen absurder Komik, frivoler Vamp-Pose und erstklassigen Gesangseinlagen, in denen ihre mindestens ebenso bewegliche Stimme in einer Sekunde auf mondbeschienene Dächer springt, um in der nächsten verborgene Leichen im Keller zu suchen.

Die findet Melissa Madden Gray, so ihr bürgerlicher Name, vor allem mit Hilfe ihrer Lieblingskomponisten Bertolt Brecht, Kurt Weill und Hanns Eisler. Dessen Antikriegslied „The German Miserere“ singt sie im aufreizenden Mieder, lang hingestreckt auf dem Flügel ihres Pianisten Thomas Lauderdale von Pink Martini. Sinnlich und schelmisch („ihr starrt doch immer noch auf meinen Busen“), serviert sie dabei ihre Kritik am Kriegseinsatz im Irak durch leichte Textänderungen wie en passant. Verständigungsschwierigkeiten gibt es da keine, neben Englisch und Französisch spricht die Kosmopolitin nahezu perfekt Deutsch.

Vieles braucht die teils kalkulierte, teils spontane Interaktion mit dem Publikum, oft eingeleitet mit: „Darling, kannst du mir helfen?“ Nicht alle Zuschauer am Premierenabend konnten oder wollten aber, so dass manches wohl stockender geriet als erhofft. Da Meow Meow vor allem sich selbst der Lächerlichkeit preisgibt – was, gekoppelt an ihr darstellerisches und stimmliches Talent gerade die einnehmende Frische der Show ausmacht –, ist vornehme Zurückhaltung gar nicht nötig. Mit einer Anleihe bei der letzten Zugabe, Laurie Andersons bittersüßem „The dream before“: Dieser Bühnen-Wirbelwind scheint geradewegs aus dem Paradies zu kommen.Eva Kalwa

Bis 1. 6, Di-Do 20 Uhr 30, Fr-So 20 Uhr, Bar jeder Vernunft, Schaperstr. 24

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false