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Laboratorium der Ideen. Das Ballhaus Naunynstrasse.

© Jule Sievert

Zehn Jahre Ballhaus Naunynstraße: Frisch renoviert und immer noch unfertig

Das Ballhaus Naunynstraße feiert zehnjähriges Jubiläum mit dem Festival „Permanente Beunruhigung“.

Das Ballhaus ist eine Baustelle. Und wenn es nach Wagner Carvalho geht, dem künstlerischen Leiter und Geschäftsführer an der Naunynstraße, wird das auch ewig so bleiben. Allerdings meint er damit die künstlerischen Prozesse im Theater. Das Unfertige, die erforderliche Improvisationsbereitschaft, die aller Arbeit hier eingeschrieben sind. Carvalho hat nicht den Wunsch, dass der Baulärm, der auch die Pressekonferenz zur Wiedereröffnung nach sechsmonatiger Schließzeit noch begleitet, niemals aufhören möge. So notwendig die Maßnahmen waren – für ein schmal budgetiertes Kiez-Theater bedeutet ein verspäteter Saisonstart schmerzhafte Verluste.

Gewerkelt wurde vor allem am Schallschutz, an den sanitären Anlagen, an einem Aufzug, der nun Barrierefreiheit schafft, vom Keller bis zum Obergeschoss. Bei der Aushebung des Schachts trat Grundwasser aus, aber gut, wann läuft ein Bau schon mal nach Plan? Abpumpen und weiter geht’s. Rund 2,2 Millionen Euro haben die Arbeiten an dem denkmalgeschützten Gebäude bislang gekostet, einige Sanierungen mussten auf den kommenden Sommer verschoben werden. Das berichtet die Kulturstadträtin Clara Herrmann, die zugleich betont, wie notwendig es sei, in kommunale Kultur und Künstler zu investieren. Das Ballhaus Naunynstraße gehört ja dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, zumindest derzeit noch, ab 2020 könnte das Land Berlin das Theater übernehmen, die Verhandlungen dazu laufen, erzählt Carvalho.

Es steht eine vielversprechende Spielzeit an

Nun aber zur Kunst. Schließlich gibt es in diesem Herbst nicht nur einen neuen Aufzug zu feiern, sondern auch „10 Jahre postmigrantisches Theater“. Ein Genre, dem die heutige Gorki-Intendantin Shermin Langhoff in ihrer Zeit als Ballhaus-Leiterin zu Sichtbarkeit und Siegeszug verholfen hat, und das Carvalho mit eigenem Fokus fortsetzt – zur Wiedereröffnung mit dem Festival „Permanente Beunruhigung“. Dahinter verbirgt sich ein Konzept, das am Haus bereits erprobt ist, ein „Pocket-Format“, wie der künstlerische Leiter es nennt, das aus finanzieller Not eine kreative Tugend zu machen versteht. Internationale Künstlerinnen und Künstler kommen in verschiedenen Konstellationen zusammen, proben zwei Tage, spielen zwei Abende. Überhaupt steht eine vielversprechende Spielzeit an. Mit Ein-Mann-Performances über das Berliner Exil („Lock, Lock, Lock, Lock“ von Michail Fotopoulos), dem Festival „Postcolonial Poly Perspectives“, der installativen Performance „Echoing Europe“ oder dem neuen Stück von Autor Toks Körner, „Aesthetics of Color“. Dann, im Sommer 2019, ist wieder Bauzeit. Wer will schon, dass im Theater Ruhe einkehrt?

Festival „Permanente Beunruhigung“: 16. November bis 16. Dezember am Ballhaus Naunynstraße

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